Facebook Home heisst das Produkt zwischen App und Betriebssystem, das Android-Geräten eine neue Oberfläche gibt und sie so zum Facebook-Handy macht. Schon beim Einschalten des Telefons sieht man, welche neuen Fotos die Freunde im Netzwerk veröffentlicht haben und kann sie durchblättern oder «liken».
Nach dem Entriegeln folgt mehr: Nachrichten von Freunden werden direkt angezeigt, egal in welcher App man sich gerade befindet. Und sie können direkt beantwortet werden, ohne dafür die App wechseln zu müssen.
Das ist für den Anwender angenehm, der mit seinen Freunden chatten und dazu beispielsweise weiter im Internet browsen möchte. Für Facebook dagegen ist die direkte Verknüpfung mit dem Betriebssystem des Smartphones eine Möglichkeit, seinen Benutzern mehr und vor allem zielgenauere Werbung anzuzeigen.
Eine Strategie für mobile Werbung
Vor dem Hintergrund der immer wichtiger werdenden mobilen Werbung ist das Projekt Facebook Home denn auch zu beurteilen. Von den über 1 Milliarde monatlichen Facebook-Benutzern greifen schon mehr als zwei Drittel per mobilem Gerät auf die Plattform zu.
Facebook steht nicht zuletzt seit seinem Börsengang unter Druck, eine erfolgversprechende Strategie im Umgang mit mobiler Werbung zu finden. Facebook Home kann ein wichtiger Mosaikstein in dieser Strategie sein.
Teufelspakt mit der Konkurrenz
Warum dann nicht gleich ein eigenes Facebook-Telefon? Mark Zuckerberg beantwortet die Frage mit der Schätzung, dass sich höchstens 10 bis 20 Millionen Leute ein solches Gerät kaufen würden – also nur ein Bruchteil der Facebook-Nutzer. Die Oberfläche von Facebook Home auf gängigen Android-Smartphones laufen zu lassen, scheint da die vielversprechendere Strategie, möglichst viele Nutzer zu gewinnen.
Facebook Home lässt sich ab Mitte April gratis bei Google Play herunterladen, dem App-Store von Google. Es ist vorerst für Geräte von HTC und Samsung verfügbar, später sollen weitere Hersteller dazukommen. Allerdings nur solche, die mit dem Android Betriebssystem von Google arbeiten, das nach Belieben modifiziert werden kann. Weil Apple dagegen Programmen von Dritten keinen Zugriff aufs sein iOS-Betriebssystem erlaubt, wird es eine Facebook-Home-Version fürs iPhone auf absehbare Zeit nicht geben.
Facebook verlässt sich also bei seinem Projekt auf das Wohlwollen von Google, das mit Google+ ein konkurrierendes soziales Netzwerk betreibt. Google könnte kommende Android-Versionen leicht so gestalten, dass Facebook Home darauf nicht mehr funktioniert. Allerdings könnte Facebook dann immer noch seine Erfahrungen mit Facebook Home nutzen, um doch noch ein eigenes Betriebssystem auf den Markt zu bringen.
Facebook Home weiss, wo dein Bett steht
Letztlich entscheiden aber die Nutzer, ob Facebook Home zum Erfolg wird. Und hier befindet sich Facebook in einer Zwickmühle: Einerseits will das Netzwerk der Werbung wegen immer mehr über seine Nutzer wissen – und hat sich in Vergangenheit recht unbeschwert im Umgang mit Fragen des Datenschutzes gezeigt.
Auf der anderen Seite stehen die Nutzer, die nicht noch mehr Werbung sehen und auch nicht auf Schritt und Tritt überwacht werden wollen. Doch das macht Facebook Home unablässig: Das Programm muss zum Funktionieren ständig in Betrieb sein und hat Zugriff auf alle Funktionen des Telefons. So kann Facebook etwa wissen, welche Telefonnummern ein Nutzer wählt oder welche Programme er besonders oft öffnet.
Dank GPS lässt sich ein komplettes Bewegungsprofil des Nutzers erstellen. Halte ich mich zum Beispiel von zehn Uhr abends bis um sieben am Morgens am selben Ort auf, kann Facebook mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass es sich dabei um meine Wohnung handelt – selbst wenn ich die Adresse nirgendwo in meinem Facebook-Profil abgelegt habe.