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Digital Wer verdient, wenn wir bezahlen?

Jedes Mal, wenn wir in einem Geschäft etwas bezahlen, verdient jemand an unserer Bezahlung. Nicht der Händler, der uns ein Produkt verkauft hat, sondern jene, die das Zahlungssystem zur Verfügung stellen: Kartenanbieter, Nationalbank oder Entwickler digitaler Portemonnaies.

Ich erinnere mich noch genau, als mein Grossvater mich zu «seiner» Bank mitnahm. Dort stehe seit ein paar Tagen – ganz neu – ein «Bancomat», und den wolle er nun ausprobieren. Gesagt, getan. In der Filiale steckte mein Grossvater ein kleines Kärtchen in den Schlitz des Automaten, tippte einen Code ein – und erhielt eine Hunderternote. Für mich grenzte der Vorgang damals an Magie. Heute ist er selbstverständlich und die Bancomaten wurden schon bald ergänzt durch Kartenzahlungen direkt an den Kassen.

Karten sind ein grosses Geschäft

Von der Maestro-Karte oder EC-Karte, wie sie in den Anfängen hiess, sind rund sechs Millionen Stück im Einsatz; die Bankkarte der Postfinance benutzen etwa drei Millionen Kunden. Für die Anbieter sind die Karten ein gutes Geschäft: Um die 30 Rappen muss ein Händler abdrücken, wenn seine Kunden einen Betrag mit einer dieser Karten bezahlen.

Auch bei Kreditkarten fallen für den Ladeninhaber Gebühren an, zwischen 2 und 3 Prozent des Totalbetrags. Damit die Kunden überhaupt mit Karte bezahlen können, muss neben der Kasse ein Kartenlesegerät stehen. Je nach Modell kostet so eine kleine Maschine gegen 3000 Franken.

Kein Wunder, bevorzugen viele Händler Bargeld. Eine besonders hohe Verweigerungshaltung gegenüber den Karten gibt es bei den Restaurants: Bei rund einem Drittel aller Beizen kann der Kunde nicht mit Karten bezahlen, zeigt eine aktuelle Statistik des Branchenverbands Gastrosuisse.

Bargeld: Nur scheinbar gratis

Beliebtes Bargeld:

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Bargeld ist bei uns nach wie vor Zahlungsmittel Nummer eins. Rund 60 Prozent aller Käufe bezahlen wir bar. Anfang der 1990er-Jahre waren es noch 90 Prozent. Bargeld ist also auf gutem Weg, seine grosse Bedeutung zu verlieren.

Aber auch Bargeld gibt es nicht gratis. Aber das merken wir nicht, weil wir mit unseren Steuern und versteckten Gebühren dafür zahlen. Bargeld kostet 2,5 Milliarden Franken – pro Jahr. Zu dieser Zahl kommt eine Studie der Universität St. Gallen. Die Kosten verursacht zum Beispiel die Druckerei, die es druckt; die Notenbank, die es verteilt; und besonders teuer sind die Sicherheitsfirmen, die den Transport des Geldes regeln. Ausserdem besteht bei Bargeld ein hohes Risiko von Verlusten oder Überfällen, an denen dann die Räuber «verdienen».

Digitale Smartphone-Geldbeutel

Hohe Kosten für die Händler bei den Karten, aufwändiges Handling beim Bargeld – da könnten die neuen Bezahlsysteme gerade recht kommen. Sie wollen die Vorteile von Bargeld mit tieferen Gebühren vereinen, ohne dass dazu im Hintergrund noch eine Abrechnung über eine Kredikarte stattfinden muss, wie etwa bei der Swisscom-App «Tapit».

Die neuen Bezahlsysteme sind digitale Portemonnaies, mit denen wir direkt von Smartphone zu Smartphone Geld überweisen und im Geschäft einen Kauf bezahlen können. Sie sind dank der grossen Verbreitung von Smartphones in der Schweiz keine Utopie mehr.

Frischer Wind im Zahlungsmarkt

Mobino ist so eine App, die zusammen mit anderen den Markt aufmischen will. Zwar kann der Kunde damit erst in einer handvoll Geschäften bezahlen, aber das Prinzip ist so bestechend, dass Postfinance die Technologie vor kurzem gekauft hat. Im Sommer 2015 will sie ein digitales Portemonnaie auf den Markt bringen.

Banken und Postfinance haben ein grosses Interesse, dass wir in Zukunft auch kleine Beträge nicht mehr mit Bargeld bezahlen, sondern mit ihrer App. Bei Bargeld verdient eine Bank nichts, wenn wir mit einer App zahlen aber schon. Bei Mobino sind es 1 Prozent vom Kaufbetrag.

Das ist im Vergleich zu den Karten wenig und für den Handel attraktiv(er). Die neuen Zahlungssysteme werden Bargeld nicht so schnell ersetzen. Aber sie werden den Zahlungsmarkt aufmischen und dadurch den Druck erhöhen, dass Kartenanbieter ihre Gebühren senken, vielleicht sogar bevor ihnen dies per Gesetz verordnet wird. In der EU droht ihnen genau dies: Die EU will die Kartengebühren auf maximal 0,3 Prozent festlegen.

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