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Fankultur im Frauenfussball Rote Karte für Klischees

Unterscheidet sich die Fankultur im Frauenfussball von Männerfussball oder sind das alles nur Klischees? Laura Yuri Rivas Kaufmann hat Fankulturen analysiert.

Es ist Frauen-WM. Die National-Fussballspielerinnen performen auf dem Rasen, erzählen in Interviews von ihren Erfahrungen aus Neuseeland und lächeln uns in Werbevideos entgegen. Aber wie sind eigentlich die Fans des Frauenfussballs? Wie sehen sie aus? Wie leben sie ihre Begeisterung für den Sport? Laura Yuri Rivas Kaufmann hat dies in ihrer Masterarbeit untersucht.

«Richtige» Fanclubs im Frauenfussball? Fehlanzeige.

Erst habe sie sich auf das Medium Instagram fokussiert, so die Master-Absolventin der Zürcher Hochschule der Künste. Sie untersuchte, wie sich Spielerinnen und Fangruppen im sozialen Medium präsentieren und was für Regelmässigkeiten bestehen. Des weiteren analysierte sie, was für Kleidungsstücke getragen werden und wie sich die Personen selber beschreiben. Anschliessend besuchte sie mit ihrer Kamera Fussballspiele und verglich Digitales mit Analogem.

Es lassen sich dieselben Identifikationsmerkmale feststellen – sowohl bei den berühmtesten Spielerinnen als auch bei den Fans.
Autor: Laura Yuri Rivas Kaufmann

Laura Rivas Kaufmann

Masterthesis «Ein Spiel mit Identitäten»

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Laura Rivas Kaufmann war 2019-2022 als Teamfotografin und in der Kommunikation beim FC Zürich Frauen tätig und schliesst 2023 ihre Masterarbeit in Design an der Zürcher Hochschule der Künste (Vertiefung Trends&Identity) zum Thema Frauenfussball ab. Sie hat ursprünglich eine Ausbildung als Lehrerin gemacht und drei Jahre lang auf diesem Beruf gearbeitet. Laura studierte danach Kunst an der ZHdK und arbeitete daneben bei tsüri.ch und beim Tages Anzeiger. Zur Zeit arbeitet sie am Schauspielhaus Zürich im Audience Development & Community Building.

Overview Masterarbeit «Ein Spiel mit Identitäten»

Sie kommt zum Schluss: Diversität wird im Frauenfussball gross geschrieben. «Es besteht – im Vergleich zum Männerfussball – ein viel grösserer Handlungsfreiraum, wie man sich als Fussballfan definieren möchte», erklärt die 34-Jährige. Es gebe viel mehr Raum für die Gestaltung von Aktionen an Fussballspielen und wie man nach sich nach aussen präsentieren möchte. Speziell aufgefallen sei, dass sich dieselben Identifikationsmerkmale feststellen lassen – sowohl bei den berühmtesten Spielerinnen, also auch in Hobbyvereinen. Dies spiegle sich auch bei den Fans. In der Fangemeinschaft des Männerfussballs widerum liege der Fokus hingegen auf Gleichheit: «Das Individuum verschwindet in der Masse.».

Damit sich die Fankultur des Frauenfussballs überhaupt entwickeln könne, verlange es ein gewisses Engagement der Zuschauerinnen und Zuschauer: «Eine ‹wirkliche› Fankultur mit Gesängen und Fahnen entsteht lokal auf Vereinsebene. Da reicht es nicht aus, nur dann den Fernseher einzuschalten, wenn das Nationalteam spielt. Das geschieht viel seltener.»

Das gängige Klischee: Bier vs. Cüpli

Ein bekanntes Bild vom Männerfussball: Fans, die Bier trinken. Jemand mit einem Cüpli in der Hand? Ein seltenes Bild. «Das erstaunt mich nicht», so Rivas Kaufmann. «Elemente wie Bier gehören da ganz klar dazu. Es werben auch heute noch Bierproduzentinnen- und Produzenten an Grosstournieren mit den gängigen Klischees, während dem Getränke wie Prosecco ganz klar mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht werden.» – natürlich gebe es aber auch immer mehr Werbungen, die mit eben solchen Klischees aufbrechen.

Laura Riva Kaufmann fällt auf: Es wird beim Frauenfussball kein starres Bild vermittelt, wie man zu sein oder auszusehen hat, ganz nach dem Credo: Leben und leben lassen. «Die Diversität in der Fankultur wird von den Leuten wahrgenommen, alle sehen unterschiedlich aus, jede und jeder kann kommen wie sie oder er möchte und trinken, was gerade beliebt.»

«Football has no Gender» – oder eben: Was verbindet.


Beide Fankulturen sind durch den Sport miteinander verbunden. «Es gibt Unterschiede, aber beides ist Fussball. Es dreht sich um die Sportart und Fankultur ist Teil der gesellschaftlichen Strukturen.». Dieser solle allen Menschen offen stehen – in ihrer Eigenheit und in ihrer Diversität, damit sie im Optimalfall auf Gleichgesinnte treffen. «Ich freue mich auf die ersten ‹richtigen› Fanclubs im Frauenfussball.»

Und wie geht es weiter?

«Das Interesse am Frauenfussball ist in den letzten 5 Jahren gestiegen», beobachtet Laura Rivas Kaufmann. Sie ist überzeugt, dass während der Fussball-Europameisterschaft der Frauen 2025 in der Schweiz mehr Gastrobetriebe Public Viewing anbieten werden, als es jetzt während der Frauen-WM der Fall ist: «Alles andere wäre eine verpasste Chance.»

SRF 3 Aktuell, 25.07.2023, 06:55 Uhr

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