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Frauen in der Armee Als Frau in der Rekrutenschule

Vor 30 Jahren sind Frauen erstmals gemeinsam mit den Männern in die Rekrutenschule eingerückt. In Burgdorf hat im März 1993 die erste gemischte RS der Schweiz begonnen.

19 junge Frauen wurden damals zu Motorfahrer-Soldatinnen ausgebildet. Und die Neuheit einer gemischten RS hat sich bewährt: Das Modell wurde in den Jahren darauf ausgeweitet.

Kein Sexismus – aber Sprüche

Eine der ersten Frauen in einer gemischten RS war Sonja Schmidinger. Im Jahr nach Einführung der ersten gemischten RS, 1994 in Burgdorf, war das. Sie sagt rückblickend: «Es hat für mich keine Rolle gespielt, dass wir die RS mit den Männern gemeinsam machten. Ich wusste ja nicht, was auf mich zukam.» In ihrem Umfeld waren damals viele erstaunt über ihren Entscheid – war es in den 90ern doch eher eine Seltenheit, dass Frauen ins Militär einrücken.

Frauen in der Schweizer Armee

Die Frauen waren damals in einem separaten Zug eingeteilt, mit weiblichen Zugführern und Offizieren (Dienstgrade werden bis heute mit der männlichen Form benannt). Kontakt mit den männlichen Armeeangehörigen gab es aber oft, unter anderem beim gemeinsamen Essen.

Wenn bei einer Frau etwas nicht funktionierte, war schon mal zu hören, es fahre halt eine Frau.
Autor: Sonja Schmidinger Ehemalige Rekrutin

Sie seien gleichwertig in der Truppe aufgenommen worden, erinnert sich Schmidinger. Sexismus habe es nicht gegeben. Aber ab und an einen Spruch: «Wir waren bei den Fahrern. Wenn bei einer Frau etwas nicht funktionierte, war schon mal zu hören, es fahre halt eine Frau.» Das habe sie nie gestört.

Kein Sturmgewehr, keine Gefechtsausbildung

Faktisch gleichgestellte Armeeangehörige waren die Frauen aber nicht: Sie absolvierten die gemischte RS zwar mit den Männern, aber nach wie vor im Rahmen des Militärischen Frauendienstes MFD. Ihre RS dauerte nur vier Wochen, während die Männer 17 Wochen blieben.

Die grossen Fahrzeuge hätte ich schon gerne gefahren.
Autor: Sonja Schmidinger Ehemalige Rekrutin

Hinzu kam, dass gewisse Truppengattungen und auch Möglichkeiten den Frauen noch verwehrt blieben: Weder wurden sie am Sturmgewehr und für das Gefecht ausgebildet, noch durften sie alle Fahrzeugtypen manövrieren. «Die grossen Fahrzeuge hätte ich schon gerne gefahren. Aber Lastwagen oder auch Duro durfte ich nicht fahren. Das wäre aber schön gewesen.»

Hin zur Gleichstellung

Der nächste Schritt folgte 1995, als der MFD aufgelöst und die Frauen in der Armee integriert wurden. So wurde eine Ausbildung am Sturmgewehr möglich. Mit der grossen Armeereform Armee XXI wurden dann letzte Hürden für die Frauen beseitigt und seither stehen ihnen alle Truppengattungen, Ränge und Aufgaben offen.

Wir haben heute die gleichen Aufgaben, Herausforderungen und Abläufe wie die Männer.
Autor: Fiona Mäder Aktuelle Rekrutin

Doch sind Frauen in der RS gleichwertig in der Truppe integriert? «Ja», sagt Fiona Mäder, welche jetzt gerade in der Kaserne in Kloten die RS macht: «Wir haben heute die gleichen Aufgaben, Herausforderungen und Abläufe wie die Männer.» Mäder gehört zu gerade mal fünf Frauen, welche in Kloten mit rund 200 Männern Dienst leisten.

Meine Toleranzgrenze ist sehr hoch und daher sind mir Sprüche meist egal.
Autor: Fiona Mäder Aktuelle Rekrutin

Was sich allerdings gehalten hat, sind gewisse Sprüche, die auch Mäder zu hören bekommt. Diese drehen sich wie vor rund 30 Jahren bei Schmidinger zum Beispiel ums Autofahren oder um den Küchendienst. Mäder findet: «Meine Toleranzgrenze ist sehr hoch und daher sind mir Sprüche meist egal. Würde es zu viel, könnte ich aber sicher etwas sagen dagegen.»

Die Sache mit der Unterwäsche

Auch hinsichtlich der Infrastruktur scheint die Armee heute gerüstet für Frauen. An den meisten Orten gibt es laut Mäder etwa getrennte Toiletten. Und die persönliche Ausrüstung ist auch für die Frauen problemlos nutzbar. Mäder fügt schmunzelnd an: «Es ist aber schon witzig, wenn wir als Frauen noch die Unterwäsche für Männer bekommen.» Denn auch 2023 bleibt: Für das, was unter dem Tarnanzug ist, BH beispielsweise, sind die Frauen selbst zuständig.

SRF 3, 1. März 2023, 08.15 Uhr

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