Die Idee ist eigentlich wunderbar schräg: Wir stehen in einer kleinen Küche, die voller Kuchen, Saucen, Konservendosen, Pfannen, Geschirr und Mikrowellen steht. Vor uns ein Golfball. Ein Schlag, und die Pfannen drehen ein Salto, die Kuchen fliegen – und wir erhalten massenhaft Punkte. Haben wir genügend gesammelt, entzündet sich sogar der Golfball! Diesen können wir nun gezielt steuern, um noch mehr Chaos anzurichten, noch mehr Punkte zu sammeln. Danach müssen wir den Golfball putten, also ins Loch schlagen.
Dieses Prinzip wiederholt sich nun an mehreren Orten der Welt, die wir allmählich frei schalten können: In Frankreich lassen wir die Bälle durch eine Versailles-ähnliche Anlage fliegen. In den USA ist es ein Burger-Restaurant, in Australien eine Tankstelle. Und immer geht es um fröhliche, ausgelassene Zerstörungswut. Das kann doch nur Spass machen! Oder?
Ball «abschalgen» und «Foersetzen»
Die mutwillige Zerstörung macht Spass. Der Rest: Nein. Mehrmals hätte ich mir gewünscht, wie Guido Berger (siehe Video unten) mit der Playstation 4 «Dangerous Golf» getestet zu haben. Denn die PC-Version krankt an zu vielem, als dass es von Beginn weg Spass machen könnte.
Die Tastaturbelegung funktioniert nur teilweise, «Dangerous Golf» lässt sich nur mit einem Controller sauber spielen. Das Game zwingt mir auf Biegen und Brechen eine deutsche Version auf, die von jemandem mit einem gröberen Rechtschreibeproblem ansatzweise übersetzt wurde («Ball abschalgen», «Foersetzen»).
Anno 2005
Darüber hinaus sieht «Dangerous Golf» aus, als habe es jemand 2005 in der Schublade vergessen, kürzlich hervorgenommen und spontan beschlossen, das jetzt endlich fertig zu stellen. Selbst der extra aufgenommene Titelsong verstärkt noch das Gefühl der 2000er-Jahre, erinnert er doch wahlweise an Blink 182, Sum 41 oder Green Day. Gruppen, die ihre grössten Hits in dieser Ära hatten.
Vielleicht will das Game einfach lustig-schräg sein? Dafür ist es dann aber zu wenig überdreht, zu wenig überzeichnet. Ein bisschen mehr in Richtung « Borderlands » oder « Splatoon » hätte der Anmutung gut getan. Selbst der Humor bleibt platt und kommt längst nicht an die Absurdität eines «Goat Simulator» oder « I Am Bread » heran (Games, in denen wir mit einer Geiss Chaos und Verderben bringen oder als Brot auf Reisen gehen).
Schwierige Orientierung im Raum
Wenn ein Game visuell nicht überzeugt, muss zumindest die Game-Mechanik perfekt sein. Auch das gelingt «Dangerous Golf» nicht richtig. Auf der Playstation 4 (siehe Let’s-Play-Video) sind die Ladezeiten viel zu lange. Ein No-Go, schliesslich ist das Ziel doch, dass wir immer wieder möglichst schnell dieselbe Anlage bespielen können, um den eigenen Highscore zu knacken.
Auch die Steuerung des Golfballs ist schwierig: Steht er während des «Smashbreakers» in Flammen, können wir ihn steuern. Doch das funktioniert nur in Ansätzen richtig gut und fühlt sich harzig an. Eine Kamera folgt unserem Schlag – doch wenn wir durch umgestürzte Farbtöpfe hüpfen oder der Ball von einer Wand abschlägt, sehen wir meist gar nichts mehr und haben Mühe, uns im Raum zu orientieren.
Immerhin: «Dangerous Golf» hat einen Multiplayer. Selbst hier ist nicht viel Fantasie gefragt: Wir wählen drei Arenen aus. Nun spielen wir um den Highscore in jeder Arena, müssen aber immer warten, bis jeweils eine Spielerin ihre Golfrunde einer Arena beendet hat. Das mag zu zweit noch lustig sein, aber zu viert dehnt es die Wartezeit ins Extreme.
Der Leistungsausweis wäre da
Nach diesem Verriss bleibt wohl nur die Frage: Warum haben wir dieses Game überhaupt gespielt? Weil es eigentlich all diese Mängel nicht haben sollte.
Zwar ist das britische Gamestudio Three Fields Entertainment erst zwei Jahre alt, «Dangerous Golf» das erste Game. Doch das Team besteht aus erfahrenen Veteraninnen und Veteranen der Gameindustrie. Mehrere Mitglieder stammen von Criterion, einige haben das Unternehmen sogar mitgegründet. Und Criterion hat die grossartige «Burnout»-Serie (2001-2008) erschaffen.
Insbesondere «Burnout 3: Takedown» war eines der besten Arcade-Rennspiele überhaupt. Im «Crash Mode» ging es darum, möglichst viel möglichst spektakulär zu zerstören. Dieses Prinzip hat Three Fields Entertainment nun auf Golf übertragen. Selbst die Idee des brennenden Golfballs stammt direkt aus «Burnout». Irgend etwas lief jedoch bei der Entwicklung von «Dangerous Golf» gehörig schief, anders können wir uns den Fehlschlag nicht erklären. Eine Anfrage ist beim Entwicklerstudio noch hängig.
Schade
Letztlich ist es einfach nur schade. Schade, dass den Macherinnen und Machern von «Burnout» ihr erstes Game so misslang. Schade, dass ich zwar die lustvolle Zerstörung der Umgebung genoss, alles andere aber den Spass getrübt hat. Dem Game hätte ein überdrehteres Chaos, mehr Absurdität, eine bessere Übersetzung, eine bessere Steuerung – kurzum: mehr Sorgfalt gut getan. Und etwas mehr Musik von Blink 182 und Co., statt immer derselbe Titelsong, der «Dangerous Golf!» schreit.
«Dangerous Golf» läuft auf Windows PC, auf der Xbox One und der Playstation 4.