In lediglich 140 Stunden waren die Wände des grössten 3D-gedruckten Gebäudes Europas fertiggestellt. Diese Woche wurde es in Heidelberg eingeweiht. Was der 3D-Druck für die Baubranche bedeutet, weiss Benjamin Dillenburger. Der Architekt druckt mit seinem Team zurzeit die Betonsäulen für den 24 Meter hohen «Tor Alva» in Mulegns.
SRF: Gebäude aus dem Drucker – schon bald eine Selbstverständlichkeit?
Dillenburger: Wir werden immer mehr digitale Automation mit Robotern und Drohnen auf der Baustelle erleben. Der 3D-Druck ist ein möglicher Anwendungsbereich. Ob ein Druck Sinn macht, hängt vom Fall und Gebäudetyp ab.
Wie muss man sich einen Beton-Drucker vorstellen?
Das Gemeinsame an allen 3D-Druckern der Baubranche ist, dass man die Betonteile ohne Schalung Schicht für Schicht aufbaut. Entweder die Maschinerie kommt auf die Baustelle und druckt dort das ganze Haus. Oder Bauteile werden vorgefertigt und dann vor Ort zusammengebaut.
Was wird in der Schweiz bereits gedruckt?
In kenne in der Schweiz kein Projekt, wie dasjenige in Heidelberg, wo ein gesamtes Haus auf der Baustelle gedruckt wird. Grundsätzlich wäre dies aber möglich, gerade in den USA und in China gibt es diverse gedruckte Häuser.
Der 3D-Druck wird individuell gestaltete Häuser ermöglichen.
In der Schweiz lassen sich aber gedruckte Bauteile aus Beton herstellen.
Was für Bauelemente lassen sich drucken?
Säulen, tragende Fassaden, aber auch solche, die ein Gebäude einfach verkleiden. Auch Deckenelemente.
Wo liegen die Grenzen?
Die Verfahren werden erst seit zwei Jahrzehnten erforscht. Für die Baubranche ist das eine kurze Zeit. Eine Herausforderung beim 3D-Beton ist der Einsatz der bewährten Stahlgitter. Auch wird noch an Betonmischungen und anderen Materialien geforscht.
Andere Materialien?
Es gibt eine grosse Bandbreite an Materialien, die für ein solches additives Herstellungsverfahren auf dem Bau attraktiv sind. Mit Metall wird gedruckt. Mit Kunststoff können grosse Dimensionen gedruckt werden. Es gibt auch Forschungen, die mit holzähnlichen und dämmenden Materialien 3D-drucken.
Ist ein Gebäude aus dem 3D-Drucker nachhaltiger?
Pauschal lässt sich das nicht beantworten. Unabhängig vom Bauverfahren ist es ein Ziel, den Zementanteil im Beton zu reduzieren. Dieser ist hauptverantwortlich für die CO₂-Emissionen.
Der Druck wird nicht alles ersetzen.
Beim 3D-Druck ist natürlich das Versprechen da, dass man massgeschneiderte Elemente drucken kann. Man kann gezielter bestimmen, wo es überhaupt Material braucht. Hohle Konstruktionen sind möglich. Es werden weniger Bauteile benötigt und diese sind leichter. Man hat eine grössere Kontrolle über den Verbrauch der Materialien.
Ist es dank der Automatisation günstiger?
Das hängt vom Bauteil ab. Herkömmliche Konstruktionsmethoden dauern oft länger. Beim 3D-Druck entfallen die Schalungen der Wände. Der Beton muss nicht zuerst aushärten, bevor die Schale wieder entfernt werden kann. Auch für die Herstellung spezieller Bauteile in geringer Stückzahl ist der 3D-Druck preislich attraktiv.
Werden wir bald alle Häuser drucken?
Der 3D-Druck wird individuell gestaltete Häuser ermöglichen. Solche mit organischen Formen und massgeschneiderten Designs, die normalerweise deutlich teurer wären.
Aber unsere Gebäude sind sehr vielfältig. Es gibt eine zu grosse Bandbreite an Konstruktionsprinzipien und Materialien. Der Druck wird nicht alles ersetzen.
Das Gespräch führten Lisa Wickart / Mitarbeit Fabio Flepp.