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Chirurgie Premiere: Unispital Basel implantiert Schädeldecke aus 3D-Drucker

In Basel ist es erstmals in Europa gelungen, einem Patienten eine 3D-gedruckte, künstliche Schädeldecke zu implantieren.

Was ist passiert? Das Universitätsspital Basel hat einem Patienten eine künstliche Schädeldecke aus dem 3D-Drucker implantiert. Basel ist somit das erste Spital in Europa, welches eigene Implantate im 3D-Verfahren herstellt, die internationale Standards für Medizinprodukte erfüllen.

Was bedeutet das für die Patientinnen und Patienten? Mit dem medizinischen 3D-Druck ist es möglich, individuell zugeschnittene Implantate herzustellen. Das heisst: Die Implantate sind individuell angepasst und können in kurzer Zeit vor Ort – also dort, wo die Operationen stattfinden – hergestellt werden, wie Florian Thieringer, Chefarzt für Mund, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Universitätsspital Basel, sagt. Er war beim gesamten Prozess – von der Konzipierung und dem 3D-Druck bis zur Implantation – dabei.

Warum wurde das 3D-Implantat gerade bei jener Person eingesetzt? Beim Patienten handelt es sich um einen 46-jährigen Mann, der 2019 einen Schlaganfall erlitt. Dafür gebe es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, erklärt Thieringer. Speziell beim Patienten war aber, dass seine Schädeldecke, die ihm wegen des Schlaganfalls abgenommen und später wieder eingesetzt wurde, sich im Verlaufe der Zeit aufgelöst hat. Das führte dazu, dass sich am Kopf des Patienten Dellen bildeten. Zusätzlich – und das sei das Entscheidende gewesen, sagt Thieringer – hatte er auch Kopfschmerzen und Sehstörungen und fühlte sich dadurch in seinem Alltag extrem beeinträchtigt. Aus diesem Grund habe Thieringer zusammen mit Neurochirurginnen und -chirurgen entschieden, dem Patienten ein 3D-Implantat einzupflanzen.

Was ist besonders an diesem Implantat? In der Medizin wird das 3D-Druckverfahren schon länger genutzt, zum Beispiel zur Herstellung von exakten anatomischen Modellen. Speziell ist, dass solche Implantate, die den hohen regulatorischen Anforderungen genügen, überhaupt in Spitälern hergestellt werden. Zweitens ist das eingesetzte Implantat aus dem Hochleistungskunststoff Peek gefertigt. Der dritte Punkt betrifft die Zeit: Normalerweise werden solche Implantate von industriellen Firmen gefräst und müssen geliefert werden, wobei die Patientinnen und Patienten lange darauf warten müssen. Und schliesslich: der Preis. Thieringer fasst es so zusammen: «Jetzt vor Ort diese Implantate durch 3D-Druck herzustellen, bietet für uns natürlich auch eine attraktive Möglichkeit, ein qualitativ hochwertiges Implantat zu günstigeren Preisen in kürzerer Zeit unseren Patienten zur Verfügung zu stellen.»

Wie viel Zeit braucht die Herstellung dieser 3D-Implantate? Thieringer sagt, es sei möglich, innert weniger Stunden ein Modell der Schädelverletzung herzustellen, das dann Ärztinnen und Ärzte zum Beispiel für die Planung der Operation gebrauchen können, Standardimplantate vorzuformen oder individuelle Implantate zu fertigen.

Das Ärztepersonal plant eine Operation anhand eines 3D-Drucks der verletzten Schädeldecke.
Legende: Das Ärztepersonal plant eine Operation anhand eines 3D-Drucks der verletzten Schädeldecke. Universitätsspital Basel

Wie geht es weiter? Thieringer und sein Team bereiten bereits nächste Patientenfälle vor. Zudem seien sie daran, andere Bereiche in der Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie zu identifizieren, die vom 3D-gedruckten Implantat profitieren können, sagt Thieringer. Und übrigens, für alle, die sich gefragt haben, wie es dem Patienten geht, dem das erste 3D-Schädelimplantat eingepflanzt wurde: Ihm geht es laut Thieringer «hervorragend».

SRF 4 News, 18.9.2023, 9:08 Uhr ; 

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