Nicht selten werden Syndrome nach ihren Entdeckern benannt. Oder, wie auch in diesen 6 Beispielen, nach Städten:
1. Havanna-Syndrom: rätselhafte Diplomaten-Krankheit
Kopfschmerzen, Hörverlust, Schwindel und Übelkeit gelten als Symptome des Havanna-Syndroms. Das Phänomen trat erstmals 2016 in der kubanischen Hauptstadt auf – und zwar bei US-Diplomaten und ihren Angehörigen. Aktuell beschäftigt der Fall eines US-Beamten, der am letztjährigen Nato-Gipfel in Litauen über entsprechende Symptome klagte.
Gemäss dem US-Geheimdienst CIA könnten elektromagnetische Impulse der Grund für das Phänomen sein. Wer dafür verantwortlich ist, bleibt unklar. Neuste Recherchen zeigen eine mögliche Verbindung zum russischen Geheimdienst.
2. Jerusalem-Syndrom: biblische Wahnvorstellungen
Dieses Syndrom bezeichnet eine psychische Störung , unter der jährlich rund hundert Jerusalem-Reisende leiden. Dabei geht es um eine akute psychotische Phase, ausgelöst durch religiöse Gefühle und Wahnvorstellungen.
Grund ist wohl die allgegenwärtige Religiosität und die damit verbundene Symbolik. Ob Jesus, Maria oder Moses: Betroffene entwickeln in Jerusalem offenbar das Gefühl, eine Figur aus der Bibel zu sein.
3. Florenz-Syndrom: überwältigt von der Kultur
Das Florenz-Syndrom wird auch Stendhal-Syndrom genannt – nach dem gleichnamigen französischen Schriftsteller. Dieser reiste um 1817 in die Stadt und war von den imposanten Bauwerken begeistert, erschöpft und überfordert zugleich.
Gemäss der italienischen Psychologin Graziella Margherini betrifft das Florenz-Syndrom vor allem Touristinnen und Touristen. Die Symptome reichen von Halluzinationen über Schuldgefühle bis zu Ohnmachtsanfällen. Ursache des Phänomens könnte eine kulturelle Reizüberflutung sein, die Betroffenen die eigene Bedeutungslosigkeit vor Augen führt.
4. Paris-Syndrom: enttäuschender Liebes-Trip
Diese vorübergehende psychische Störung - und ebenfalls nicht anerkannte Diagnose - betrifft meist japanische Touristinnen und Touristen, die von der französischen Hauptstadt enttäuscht sind.
Grund ist die Differenz zwischen der romantischen Vorstellung der Stadt der Liebe und der Realität. Die Reisenden finden sich in einer Stadt wieder, die keineswegs perfekt ist, sondern durchaus laut und dreckig.
Die Folgen: Angstzustände und Halluzinationen.
5. Stockholm-Syndrom: solidarisch mit dem Täter
Das Stockholm-Syndrom ist ein psychologisches Phänomen, das sich zwischen Opfer und Täter abspielt. Entdeckt wurde es 1973 bei einem Banküberfall in der schwedischen Hauptstadt. Der Täter nahm vier Angestellte einige Tage in Geiselhaft.
Mit der Zeit sympathisierten die Opfer mit dem Täter. Sie entwickelten gar mehr Angst vor der Polizei als vor dem Geiselnehmer. Das Stockholm-Syndrom wird nicht unbedingt als psychischen Störung bezeichnet. Das Phänomen gilt eher als funktionale, unbewusste Überlebensstrategie.
6. Lima-Syndrom: rücksichtsvoll mit den Opfern
Die umgekehrte Variante des Stockholm-Syndroms beschreibt die positive Verbindung zwischen Täter und Opfer. Ende 1996 besetzten peruanische Untergrundkämpfer die japanische Botschaft in Lima und nahmen mehrere hundert Geiseln.
Mit der Geiselnahme wollten sie inhaftierte Aktivisten freipressen. Entgegen ihrer Absicht liessen die Täter nach und nach Geiseln frei. Die Aktion endete letztlich dennoch blutig. Beim Sturm der Botschaft starben sämtliche Geiselnehmer, zwei Soldaten und eine Geisel.