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Openair Gampel 2018 Openair Gampel: Höhepunkt, Knackpunkt und Fragezeichen

Eine Luzerner Band, die nicht zu bremsen ist. Schweden, die verzweifelt versuchen, an alte Zeiten anzuknüpfen. Und ein deutscher Rapper, der seine Fans nach Belieben dirigiert. Das war das Openair Gampel. Punkt für Punkt.

Höhepunkt: Hecht

Den Sommer 2018 werden Hecht nie vergessen. In diesem Sommer wurden sie von einer beliebten, aufstrebenden Band zum angesagtesten Mundart-Act der Gegenwart. Das Beste an Hecht aber ist: Sie werden nicht nur von Festival zu Festival mit mehr Liebe überschüttet – Hecht entwickeln sich zusammen mit ihren Live-Marathon auch musikalisch. Wenn sie sich jetzt nicht an den Erfolg gewöhnen, dürfen wir uns in Zukunft auf noch einiges von Hecht freuen.

Ausgangspunkt: Death By Chocolate

Wer möchte am Donnerstagnachmittag als erste Band ein Festival eröffnen? Richtig. Niemand. Die Bieler Band Death By Chocolate liess sich nichts anmerken und bretterte ihre Rocksongs mit viel Power übers Gelände. Und die eintrudelnde Festivalgemeinde zollte der Band Respekt für ihren Einsatz.

Gregi Sigrist

Gregi Sigrist

Musikjournalist für Pop/Rock von Schweizer Radio und Fernsehen

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Im Musik-Blog schaut er auf, unter und hinter aktuelle Musikthemen und ihre Nebengeräusche.

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Glanzpunkt: Faber

Nach Fabers schweisstreibender Abend-Show am Openair St. Gallen zeigte er am Openair Gampel, dass er die Leute auch bei glühender Nachmittagshitze begeistern kann. Der Zürcher und seine exzellente Band überzeugten vom ersten bis zum letzten Ton und sorgten für einen grandiosen Festival-Moment.

Knackpunkt: Mando Diao

Die Zeiten als Mando Diao als eine der frischesten Rock’n’Roll-Bands ihr Publikum mit offenen Mäulern stehen liess, sind längst vorbei. Die Schweden verkrafteten den Ausstieg von Gustaf Norén (2015) schlecht und versuchen vergeblich an alte Zeiten anzuknüpfen. Etwas verzweifelt und uninspiriert hämmerten sie ihr eigentlich brillantes Songmaterial in ihre Instrumente.

Fragezeichen: Marteria

Was kann man über den deutschen Rapper Marteria noch schreiben? Er sprengt quasi jedes Festivalgelände in die Luft. Auch am Openair Gampel peitschte er seine Fans zu ekstatischen Höchstleistungen an: Mit süssen Melodien flirtet sich Marteria in die Pop-Herzen seiner Fans, mit klaren Anweisungen gibt er ihnen durch, was zu tun ist. Und die Fans machen alles mit und drehen auf Kommando durch. Einzige Frage, die bleibt: Was würde ein Marteria-Fan für Marteria nicht tun?

Scheidepunkt: Feine Sahne Fischfilet

Es gibt Leute, die behaupten, dass ich diese Band nicht checke – und ich glaube diese Leute haben recht. Was Feine Sahne Fischfilet auf die Bühne bringen, befriedigt mich weder musikalisch, noch überzeugt mich die Band durch ihre Attitüde. Trotzdem: Die Bierzeltstimmung mit Punkanspruch fand am Openair Gampel eine grosse Fangemeinde.

Anziehungspunkt: Macklemore

Macklemores äusserst aufwendig produzierter «Bunter Abend» wurde auch am Openair Gampel frenetisch gefeiert. Mit seiner Show, irgendwo zwischen Musical- und Verkleidungsparty, räumte Macklemore ab. Für mich war es zu viel Fasnacht und Aerobic - und zu wenig Musik.

Cooler Punkt: Chemical Brothers

Mit viel Bass, Licht und coolen Visuals probierten die britischen Chemical Brothers das Openair Gampel zum Tanzen zu bringen. Dies gelang leider nur streckenweise. Und das, obwohl die Big-Beat-Pioniere über ein tolles und legendäres Repertoire verfügen und grundsätzlich ein mehr als perfekter Act wären, um die Leute vor dem Gang ins Partyzelt stilvoll zu beschallen.

Pluspunkt: Tobias Carshey

Das Einzige, was dem Zürcher noch fehlt und man ihm unbedigt wünscht: Ein etwas grösseres Publikum. Was Carshey auf die Bühne bringt, hat Hand und Fuss, Seele und Herz - und beeindruckt. Rockige Singer-Songwriter-Kunst mit psychedelischen Ausflügen. Toll!

Orientierungspunkt: Danitsa

Danitsa, unser SRF 3 Best Talent (März 2018), ist zur Zeit eine der spannenderen Schweizer Künstlerinnen. Man möchte die Stimme, die man von ihrem kleinen Hit «Captain» kennt, sehen und hören. Was Danitsa mit ihrem Publikum anstellen will, scheint sie gerade herauszufinden. Auch sie kommt wohl nicht um das Mitmach-Theater herum, fühlt sich dabei aber nur bedingt wohl.

Programmpunkt: Seasick Steve

Im letzten Jahr musste der amerikanische Blueser Seasick Steve sein Konzert am Openair Gampel abbrechen. Ein mächtiger Sturm fegte damals übers Festivalgelände. In diesem Jahr brachte der 77-Jährige seinen rauhen Blues zurück nach Gampel. Ein zwar unspektakulärer aber schöner Auftritt mit dem Etikett «Real Music».

Farbpunkt: Walk Off The Earth

Zu kämpfen hatte die kanadische Band Walk Off The Earth mit ein paar technischen Problemen. Alles andere als ein Kampf war die Eroberung des Publikums am Openair Gampel: Das Wallis wollten fröhlichen Pop hören, kriegte fröhlichen Pop und war fröhlich.

Streitpunkt: Thirty Seconds To Mars

Jared Leto ist einer der wenigen Hollywood-Schauspieler, die es geschafft haben, auch als Musiker ernst genommen zu werden. Der Auftritt mit seinen Thirty Seconds To Mars lebte vor allem durch die Show. Für einige war es zu viel Show und zu wenig Musik.

Wichtiger Punkt: Shame

Unberechenbare Bands haben im heutigen Festivalbetrieb eher Seltenheitswert. Umso erfrischender sind daher gelegentlich Auftritte von Acts, wie der britischen Post-Punk-Band Shame. Ihre Songs sind nicht unbedingt Gold – ihre Attitüde aber unbedingt.

Emotions-Punkt: Kodaline

Die irischen Kodaline sind Emotionsverstärker. Egal, ob beim ersten oder letzten Date – egal, ob glücklich oder unglücklich verliebt, Kodaline haben den Soundtrack, um Gefühle zu frisieren. So küsste, weinte oder umarmte sich das Openair Gampel zu Kodalines exzellent gespielten Kuschelrock.

Stimmungspunkt: RAF Camora

Für grosse Stimmung sorgte der Rapper RAF Camora. Im Handylichtermeer und äusserst textsicher, hüpfte das Openair Gampel am Samstagabend zu seinem energiegeladenen Auftritt. So liefert man einen perfekten Festivalauftritt ab.

Extra-Punkt: Eluveitie

Den Namen der Winterthurer Band Eluveitie können nach wie vor die wenigsten richtig aussprechen. In der Folk-Metal-Szene ist die Truppe um Chrigel Glanzmann aber längst eine grosse Nummer. Am Openair Gampel donnerten Eluvetie ihren keltischen Folk-Metal abgeklärt und mit voller Wucht übers Gelände und konnten bei den Wallisern punkten.

Zusatzpunkt: Dropkick Murphys

Viel «Hey» und «Ho», Dudelsack, Tin Whistle und Party brachten die Amerikaner, die sich der irischen Songkultur verschrieben haben, auf die Bühne des Openair Gampel. Das Festivalpublikum feierte den perfekten Vorabend-Act lauthals und mit vollem Hüpf-Einsatz.

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