Wer in den Nullerjahren in Berlin Party- und Konzertkultur erleben wollte, landete irgendwann im Berghain oder der Bar25. Das Berghain war und ist bis heute die dunkle, mystische Technokirche. Die Bar25 war der wilde Neo-Hippie-Techno-Zirkus an der Spree. 2010 musste die Bar25 schliessen, da die Zwischennutzungsverträge ausliefen.
Auftritt Schweiz: Nach einem jahrelangen Immobilienkampf um das Gelände, investierte eine Schweizer Pensionskasse. Mit über zehn Millionen Franken ermöglichte die Basler Stiftung das Kreativdorf an der Spree, auf der Fläche von 2.5 Fussballfeldern: den Holzmarkt 25, das offizielle Nachfolgeprojekt der Bar25, mit einem Pachtvertrag über 75 Jahre.
So entstand ein halböffentliches Kreativdorf, mitten in Berlin. Ein «Möglichkeitsraum» mit Restaurants, Technoclub, Bäckerei, Konzerthalle, Yogastudio, Kita und zirka 20 privat vermieteten Studios und Ateliers.
Schweizer Musikschaffende vor Ort
Mitbegründer Juval Dieziger aus dem Emmental zog als gelernter Koch mit 24 nach Berlin, um Schauspieler zu werden. Stattdessen gründete er die legendäre Bar25 und führt seit 2017 auch den Holzmarkt.
In einigen der gut 20 Studios des Holzmarktes mieten sich Schweizer Musikschaffende wie Sophie Hunger, der junge Berner Produzent Typewriter oder Tobias Jundt (Bonaparte) ein. Die Wahlberlinerin und Berner Popmusikerin Ilira nimmt hier gerne Songs auf. Und auch der Chef de Place ist ursprünglicher Schweizer: Daniel Beyer verwaltet und veranstaltet Messen und Events am Holzmarkt.
SRF-Musikredaktor Claudio Landolt besuchte für den Hintergrund-Podcast «Sounds! Story» den Holzmarkt in Berlin.
SRF: Wieso wolltest du uns auf den Holzmarkt mitnehmen?
Claudio Landolt: Weil mich meine Besuche in der Bar25 damals dermassen prägten, dass ich wissen wollte, wie gut dieser ehemalige Szene-Hotspot gealtert ist.
Was hat dich überrascht auf deinem Rundgang durch den Holzmarkt?
Erstmal, wie einfach man heute reinkommt. Die Bar25 war bekannt für ihre «harte» Tür. In den Holzmarkt strömen heute täglich hunderte Personen, die am Spreeufer Feierabenddrinks nippen. Zudem erstaunte mich, dass ich auf meinen Rundgang kaum Künstlerinnen angetroffen habe. Die Studios, in die ich mit meinem Holzmarkt-Guide Tobias Jundt blicken wollte, waren alle dunkel.
Jedes Land braucht solche Kreativ-Oasen. Je mehr, desto besser.
Braucht die Schweiz auch so etwas?
Jedes Land braucht solche Kreativ-Oasen. Je mehr, desto besser. In der Schweiz gibt es auch bereits Orte, die im kleinen Stil an den Holzmarkt erinnern. Legendäre Institutionen wie die Rote Fabrik in Zürich, die Dampfzentrale in Bern oder der Lagerplatz in Winterthur.
Ist Berlin immer noch die Stadt, in der Pop-Karrieren einen Anfang finden?
Die popkulturellen Hotspots verschieben sich immer weiter weg von den westlichen Zentren wie Paris, London oder Berlin. Was jedoch nicht bedeutet, dass in Berlin keine Pop-Karrieren mehr angeworfen werden.