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«Black Lives Matter»-Sound Sault: die spannendste unsichtbare Band der Welt

Ihre Alben kommen immer aus dem Nichts und werfen hohe Wellen. Schon 2019 veröffentlichten Sault zwei Alben und eroberten damit etliche alternative Bestenlisten. Der Clou: niemand weiss, wer dahinter steckt. 3 Gründe, sich mit Saults neuem Album zu beschäftigen, das kürzlich veröffentlicht wurde.

Die Liste von Bands, die einen Hehl draus mach(t)en, wer sie sind, ist lange. The Residents sind ein Paradebeispiel. Ein weltbekanntes Kunstprojekt, seit den 1970er-Jahren anonym. Man munkelte schon, dass die Beatles dahinter steckten.

Von Daft Punk bis Orville Peck, von Thomas Pynchon bis Banksy, das öffentliche Zelebrieren einer mysteriösen Anonymität reicht weit über die Musik hinaus.

Wer könnte hinter Sault stecken?

2019 hat sich ein neues veritables Mitglied zum Club der anonymen Kulturschaffenden gesellt: Sault. Mittlerweile machen Gerüchte die Runde, Sault sei ein Projekt von Produzent Dean Inflo Josiah (arbeitete mit Michael Kiwanuka, Jungle, Little Simz etc.). Oder dass diese samtweiche Stimme auf Saults Soul-Nummern der UK-R&B-Sängerin Cleo Soul gehört.

Es bleibt aber bei Gerüchten. Sicher ist hingegen, dass Sault im Raum alternativer Popmusik immer mehr Aufmerksamkeit erregen. Drei Gründe dafür:

Grund 1: Alte Wurzeln, neue Früchte

Sault überschreiten musikalische Grenzen. Ihr neues Album «Untitled (Black Is)» beginnt mit einem Protest-Chor, der klingt, als wäre er inmitten aktueller Strassenproteste aufgezeichnet worden. Dieser «Revolutionchant», der unweigerlich an die Wurzeln der Black Music erinnert, mündet in einem schwebenden Pianoakkord. Der Pianoakkord macht wiederum sofort klar, dass es sich hier auch um eine zeitgenössische Popproduktion handelt.

Plötzlich sprechflüstert uns eine Frauenstimme den Satz «Black is Safety» zu, bis man ein paar Minuten später zum beat-getriebenen Soulsong «Wildfires» wippt. Ohne zu wissen, ob man dazu tanzen oder vor Demut die Luft anhalten sollte. Sault gelingt es, mit ihrem kühnen musikalischen Patchwork den ganzen Black-Music-Stammbaum zu umarmen. Und ihre Umarmung treibt neue Blüten.

Grund 2: Ein Album aus dem Jetzt

Sault ist nicht nur eine Band. Sie sind Dokumentaristen und Chronisten einer Zeit, in der gegen die Diskriminierung gekämpft wird. «Change is Happening», verkündet die Band auf ihrer Website, und verraten nicht mehr als soviel über sich selbst: «We as Black People and of Black Origin…».

Während ihre beiden letztjährigen Alben eher darauf ausgelegt waren, Leute auf der Tanzfläche zu bewegen, besingen und beschwören sie mit ihrem neusten Werk die aktuelle Black Lives Matter-Bewegung. Schon das Albumcover spricht Bände. Auf einem schwarzen Quadrat reckt sich eine geballte Faust nach oben. Sault verbinden damit zwei ikonische Bilder, zu einem noch klareren Statement.

«Untitled (Black is)» reiht sich damit in der Musikgeschichte für diesen Sommer ein, direkt neben Werken von Run The Jewels, Kendrick Lamar oder Beyoncé. Ihr Album wird gratis angeboten, es kann aber auch als Vinyl vorbestellt werden und diese Einnahmen sollen an Charity Organisationen gehen.

Grund 3: Wer Sault hört, wird Sault

Sault stellen ihre Identitäten hinters Rampenlicht. Natürlich ist das Versteckspiel auch ein bisschen Mythosbildung. Doch muss man als Band auch erstmal eine gewisse Bekanntheit und musikalische Schlagkraft erlangen, bis das Spiel auch wirklich funktioniert.

Im Fall von Sault wird uns kein Superstar vor die Nase gesetzt, der oder die mit einem Lächeln von der hohen Bühne herab für eine Sache wirbt. Die Musik und Message selbst kriegen hier den Platz im Rampenlicht. Dies führt dazu, dass die Geschichte, die Sault erzählen, sozusagen nur angeschubst wird. Es ist das Publikum selbst, das die Songs fertigsingt, sich im besten Fall eine ungeblendete Meinung bildet und sich dabei tanzend mit einer Bewegung verbindet.

Mehr zu Sault in der Sendung «Sounds!» am Mittwoch, 24. Juni, ab 22 Uhr auf Radio SRF 3.

Sounds! vom 24.06.2020

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