Im Titelsong des neuen Dachs-Albums macht Basil Kehl keinen Hehl draus: Wir sind oft so freundlich zueinander, dass am Schluss nur noch Erbrechen hilft. Wieviel Schweiz steckt in diesem Sinnbild?
SRF: Sich selbst ins Gesicht kotzen, wie soll das überhaupt funktionieren?
Basil Kehl: Das ist nicht so schwierig. Je nach Winkel trifft man schnell das Kinn.
Sprechen Sie aus Erfahrung?
Wüsste nicht, ob mir das in dieser Form wirklich schon mal passiert ist. Aber vor Kurzem hat mir tatsächlich jemand ins Gesicht erbrochen: meine Tochter. Ich bin Vater seit Anfang Jahr. Bei diesem Erbrechen handelt es sich aber wohl eher um einen liebevollen Akt.
Wovon handelt der Song, der diesen stossenden Titel trägt?
Von einer Begegnung in einem Café mit einer Person, die mir mal sehr nah war – und mittlerweile aber das Zuhören verlernt hat, nur noch von ihren Erfolgen sprechen kann.
Was dann im Refrain mit der Zeile «Ich wöt mir selber is Gsicht chotze» aufgelöst wird?
Genau. Ich benutze diesen Ausdruck oft im Alltag. Meine Freunde wissen aber mittlerweile, dass es nicht so bitter ist, wie es auf Anhieb klingt.
Hätten Sie nicht einfach Nein sagen können, und nicht zum Treffen erscheinen?
Doch.
Dann wäre aber kein Song entstanden. Tun sich in dieser Zeile vielleicht sogar Abgründe der schweizerischen Höflichkeit auf?
Da haben Sie wohl leider recht. Aber ich finde Einteilungen von Charaktereigenschaften in Nationalitäten grundsätzlich schwierig. Es gibt in der Schweiz unterschiedlichste Leute.
Meine Mutter hat mir beigebracht, dass es Lügner nicht weit bringen im Leben. Wenn ich heute Tagesschau schaue, merke ich, dass sie leider gelogen hat.
Sicher auch solche, die Ihren Song- und Albumtitel nicht mögen.
Bestimmt. Ich mag, dass der Titel knallt. Zudem passt er zum Rest der Songs, auf denen ich meine Ratlosigkeit gegenüber der Welt besinge, in der wir uns heute befinden.
Zum Beispiel?
Der Song «Hallo Mueter» beispielsweise. Meine Mutter hat mir beigebracht, dass es Lügner nicht weit bringen im Leben. Wenn ich heute Tagesschau schaue, merke ich, dass sie leider gelogen hat.
Was macht das mit Ihnen?
Darauf fehlen mir Antworten. Und da trifft der Albumtitel dann auch wieder zu.
Habt ihr den Release dieses Albums eigentlich bewusst in die Weihnachtszeit gelegt?
Nein. Aber ist doch ein toller Clash: sich ins Gesicht kotzen und Adventsmarkt.
Ist daher auch eine Blockflöte auf dem Titelsong zu hören?
Die spielt ein alter Schulfreund von mir. Und ja, sie passt gut zur Saison, in der wir vor Tannenbäumen musizieren.
Das Gespräch führte Claudio Landolt.