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Musik-Blog Der Vatikan entweiht die Rockmusik

Zwar gibt es gewisse Parallelen zwischen einem Gottesdienst und einem Rockkonzert. Dass der Papst, der wohl grösste Popstar der Welt, nun aber im Musikgeschäft mitmischen will, erachte ich als eine der bescheuertsten Ideen seit Rondo Veneziano.

Autor: Gregi Sigrist

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Gregi Sigrist ist Musikjournalist der Fachredaktion Musik Pop/Rock von Schweizer Radio und Fernsehen. Im Musik-Blog schaut er auf, unter und hinter aktuelle Musikthemen und ihre Nebengeräusche.

Wie viel Rock steckt unter der Soutane?

Die als päpstliches Rock-Album angekündigte Veröffentlichung von Papst Franziskus, hat mit Rock reichlich wenig an der Mitra. Produziert wurde das Album vom brasilianischen Priester Don Giulo Neroni und dem italienischen Musiker Toni Pagliuca (ehemaliges Mitglied der Band Le Orme).

Die musikalische Scheusslichkeit der Produktion ist schnell zusammengefasst: Es klingt nach Warenhausgesäusel. Die Arrangements schlängeln sich um Reden und Predigten des Papstes und gipfeln bei der Single «Wake Up! Go! Go! Forward!» in einem Refrain, der in punkto Originalität an Armseligkeit kaum zu toppen ist.

Die Idee des Albums erinnert an die schreckliche Zeit, als griffige Promi-Zitate als Sample in lausig produzierten Popsongs auftauchten. Und die Umsetzung erinnert an Rondo Veneziano, das italienische Orchester, das mit ihrer fragwürdigen Fusion von Rock- und Barockmusik einst grosse Erfolge feierte.

Der Bärendienst am Gottesdienst

Wie man mit vermeintlicher Rockmusik Leute für den Gottesdienst begeistert, machen Freikirchen seit Jahren vor. Dies geschieht aber ziemlich bis komplett abgelöst von sakraler Musik. Das päpstliche Album ist eine andere Geschichte und wohl näher bei Michael Cretus 90er-Jahre Projekt Enigma anzusiedeln.

Dass Rom damit hierzulande mehr Leute in den Gottesdienst bringt, wage ich zu bezweifeln. Hingegen bin ich mir ziemlich sicher, dass dieses Album in Katholiken-Hochburgen wie Brasilien oder den Philippinen durchaus Anklang findet.

Bringt der Erlös die Erlösung?

Natürlich hat das Album auch seine gute Seite. Die B-Seite. Hier steht das B für Benefiz. Ein Teil des Erlöses soll nämlich in einen Fonds für Flüchtlingshilfe fliessen. Dies rettet das Papst-Debut in musikalischer Hinsicht aber natürlich auch nicht.

Mir ist jedenfalls nach wie vor lieber, wenn eine Rockband mit religiösen Elementen flirtet, als wenn der Vatikan probiert im Musikbusiness mitzumischen.

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