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SRF 3 Musikredaktor Gregi Sigrist.
Legende: SRF 3 Musikredaktor Gregi Sigrist nimmt die Musiker in die Pflicht. SRF 3

Musik «Liebe Musiker: Zeigt Mut und macht euren Job!»

«Liebe Musikindustrie, liebe Künstler: Erledigt gefälligst eure Jobs und übernehmt wieder Verantwortung!» brummt SRF 3 Musikredaktor Gregi Sigrist oft vor sich hin, wenn er in den sozialen Netzwerken surft.

Nie im Leben würde ich sagen, dass früher alles besser war. Doch bevor die sozialen Netzwerke eine neue Weltordnung einführten, war es ganz bestimmt einfacher und vor allem schöner Fan zu sein. Damals durfte man als Fan ein fertiges Produkt in Empfang nehmen, bei welchem das Konzept, die Single-Auswahl, das Cover und die Vermarktung als Gesamtpaket vom Künstler und dessen Umfeld geliefert wurde.

Spätestens seit Facebook & Co. bin ich jedoch als Fan Teil dieses Umfelds – Teil dieser sogenannten Community. Das heisst, ich darf/muss/soll mitbestimmen, wenn es um den nächsten Output meiner Lieblingskünstler geht.

«Wie soll mein neues Album heissen?» oder «Welchen Song wollt ihr als nächste Single?» lese ich regelmässig auf den Facebook-Profilen vieler MusikerInnen und Bands. In solchen Momenten frage ich mich nicht nur, wie es um das Selbstvertrauen dieser Künstler bestellt ist. Ich frage mich vor allem auch, wieso ich deren Job übernehmen soll.

Fakt ist: Ich will gar nicht überall mitreden und mitbestimmen.

Ich möchte, dass meine Lieblingskünstler und meinetwegen deren Plattenfirmen bestimmen, welche Songs als Singles erscheinen. Ich will, dass ein Album so heisst, wie vom Künstler vorgesehen. Ich will einen Videoclip sehen, der von A bis Z das Produkt der Macher ist. Ich will konsumieren! Ich will Fan sein und erwarte, dass die Künstler ihren Job erledigen und nicht auf devote Art und Weise die Fans mit an Bord ziehen und sich dabei davor drücken, Verantwortung zu übernehmen und Risiken einzugehen. Ähnlich läuft es im Wettbewerbsbetrieb

Es gibt immer weniger Fachjurys, die Bands auszeichnen. Dafür fluten Votings das Netz.

Also Abstimmungen, bei welchen das Publikum die Rolle der Jury übernimmt. Es ist überflüssig zu erwähnen, dass so nicht unbedingt die beste Band, sondern die penetranteste oder die mit dem besten Netzwerk das Rennen macht. Dass Vernetzung und Aufdringlichkeit keine Qualitätsmerkmale für die eigentlichen Produkte der Künstler sind, ist so klar, wie dass es im sogenannten Musikbusiness selten um den ersten Teil dieses zusammengesetzten Wortes geht.

Und jetzt?

Ich wünsche mir mutige Musikerinnen und Musiker, die bereit sind, ihre Produkte auf den Markt zu stellen und dabei sich selbst zu zeigen. Etwas weniger von «Gebt den Leuten, was sie wollen» dafür etwas mehr von «Gebt den Leuten, was ihr habt» wäre wünschenswert.

Also: Bitte liebe Musikerinnen und Musiker, liebe Plattenfirmen, liebe Musikjurys: Seid mutig und macht euren Job gefälligst selbst! Danke!

Ach ja – und was denkt IHR, liebe Leute – liebe Community? Sollen die Künstler euch weiterhin fragen, was ihr von ihnen wollt? Oder wollt ihr wissen, was die Künstler erarbeiten, wenn sie es alleine tun müssen? EURE MEINUNG IST UNS WICHTIG! Wie hättet ihr diesen Artikel geschrieben? Über was sollen wir demnächst schreiben?

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