Ed Sheeran bringt eine neue Platte raus. Und für den geneigten Fan ist es so, wie wenn man vertrautes Terrain neu entdeckt, denn nicht ohne Grund ist der 30-Jährige so erfolgreich. Nicht umsonst weiss man schon im Voraus: Wo Ed Sheeran draufsteht, ist Ed Sheeran drin. Mit Qualität. Und vor allem Songs, die es in sich haben. Top-10-Hits vom neuen Album «=» («Equals» , auf Deutsch: gleich) sind mit «Bad Habits», «Shivers» und «Visiting Hours» schon draussen. Eingängig, unterschiedlich. Und er überzeugt auch mit den restlichen 11 Songs auf dem neuen Werk.
Ein schönes Album. Es ist (fast) an keiner Stelle langweilig, es ist abwechslungsreich, aber zu jeder Zeit ein Ed-Sheeran-Album. Auffallend sind die schönen Love-Songs wie «Collide», «The Joker And The Queen» oder «First Times», die er für seine Frau Cherry Seaborn geschrieben hat. Und mit «Overpass Graffiti» hat er einen weiteren Hit am Start.
Ed Sheeran, der Kumpel, der Typ von nebenan, der ganz alleine grosse Arenen bespielt, weiss, wie man Songs schreibt und produziert. Er hat das berühmte Händchen dafür und ist nebenbei geerdet, bodenständig, bescheiden, sympathisch, witzig. Als wäre es ein guter Freund, mit dem man schon viel erlebt oder durchgemacht hat. «=» vereint diese Attribute einmal mehr, zeigt ihn allerdings in einer neuen Lebensphase. Seit dem letzten Werk «÷» («Divide») vor vier Jahren ist viel im Leben des britischen Superstars passiert: Er hat geheiratet, ist Vater geworden, ein guter Freund ist gestorben.
Es lohnt sich, bei diesem Album auf die Texte zu achten. Man erfährt einiges über Ed Sheeran. Wenn er seine Konzerte im Wembley Stadion vor 80'000 Zuschauern erwähnt, über verlorene Eheringe spricht oder ein Schlaflied für seine einjährige Tochter singt, erkennt man, dass er aus seinem realen Leben als Star, Ehemann und Vater zitiert.
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Neue Rekorde sind mit dem Werk beim zurzeit weltweit erfolgreichsten Singer/Songwriter quasi vorprogrammiert. Die Songperlen auf «=» lassen auf nichts anderes schliessen, das Album zementiert seinen Status. Der Gitarrenmann, der sich einst die Finger wund gespielt hat und damals wegen Geldmangel auf fremden Sofas geschlafen hat, findet den Moment, wenn er seine Musik in die Welt hinausschickt, allerdings noch immer beunruhigend.
Er verriet in einem Interview mit dem Magazin «GQ»: «Ich glaube nicht, dass es mir gut tut, Musik zu veröffentlichen, um ehrlich zu sein. Dieser Teil ist hart, das war schon immer so. Es macht keinen Spass. Im Grunde genommen, öffnest du dich wieder für die Welt. Ich sage: 'Hey, Welt. Ich habe diesen Song geschrieben, ich finde ihn wirklich gut.' Und alle sagen: 'Hey, Ed! Das ist Scheisse!'»
Sehr persönlich gab sich Ed Sheeran im Video-Interview mit SRF 3-Musikredaktor Gerni Jörgler. Er gibt private Einblicke in die Songs.
Der Song, der seine Frau zum Weinen bringt. Und ein kleiner Schluck Whisky als Ritual
Zum Song «Collide» mit den Worten «We drank your father’s whisky when your grandma died» (Wir tranken den Whisky deines Vaters, als deine Grossmutter starb) erzählt der britische Superstar: «Das ist die Songzeile, die meine Frau zum Weinen bringt.» Das ist tatsächlich so passiert, erzählt Ed im Video-Call. «Wir haben ihrer Oma im Himmel zugeprostet.» Und ergänzt: «Whisky scheint das Richtige dafür zu sein. Jedes Mal, wenn jemand stirbt kommt es vor, dass dir jemand einen kleinen Schluck davon für dieses Ritual gibt.»
Du willst Balladen-Sänger werden? Dann merke dir: Nichts, kein Gefühl, ist peinlich!
Der 30-Jährige glänzt wiederum als Balladen-Sänger und -Schreiber («The Joker And The Queen», «Collide», «First Times») auf dem Album. Gerni Jörgler hat ihm das Geheimnis, schöne Balladen zu schreiben, entlockt: «Ehrlichkeit ist der Schlüssel, zusammen mit Liebe.» Nichts darf peinlich sein, sagt er: «Ich wurde als Kind fertiggemacht und ausgelacht, als ich Gefühle beim Schreiben ausgedrückt habe. Heute sind diese Kids erwachsen und sagen: ‘Ich fühle genau so, kann es aber nicht in Worten ausdrücken'.»
Ed Sheeran ist ein ganz normaler Ehemann und Vater: «Ich denke, meine Frau mag meine Songs. Sie ist aber kein Fan-Girl»
«Wenn ich zu Hause bin, versuche ich wirklich da zu sein. Wir haben Date-Nights zusammen, machen Spaziergänge und spielen mit meiner Tochter», sagt der Vater der 1-jährigen Lyra.
Auch bei Ed Sheeran läuft nicht alles rund. Das gilt auch für seinen Heiratsantrag.
«Will you marry me» sind die vier Worte, die er im Songtext zu «First Times» mit «the four little words» eigentlich meint. Wie er seiner Freundin Cherry Seaborn diesen berühmten Satz gesagt, den Heiratsantrag gemacht hat? «Das war in Italien, Ende Dezember 2017. Ich habe einen Ring gekauft, wollte ihr den Antrag bei einem Spaziergang machen. Aber es hat angefangen zu regnen und sie wollte nicht mit mir raus. Wir haben dann Bruschetta gemacht, etwas Wein getrunken. Und da habe ich sie gefragt.»
Du bist kein Singer/Songwriter, wenn du keine Songs für deine Kids schreibst.
Mit «Leave Your Life» und «Sandman» hat er Songs für seine kleine Tochter geschrieben. Für Ed Sheeran ist das ein Must. Er sagt: «Sie ist ein sehr inspirierendes menschliches Wesen. Es liegt in der Natur eines Singer/Songwriters, dass du Songs schreiben musst, um deine Gefühle auszudrücken. Wenn das jemand in dem Beruf nicht macht, würde ich sagen: ‘entweder hast du kein Herz oder du bist kein Singer/Songwriter’.»
Radio SRF 3, Freitag, 29. Oktober 2021, 7:00 Uhr