Das schlechte Image komme nicht von nichts, sagt Andreas Taubert. Der 56-Jährige hat in jungen Jahren selbst als Türsteher gearbeitet und bildet heute mit seiner Firma BPS Sicherheitspersonal aus. «Früher herrschten Neandertalerzeiten. Da wurde auf Aggression mit Gegenaggression reagiert.» Seit 2018 ist in vielen Kantonen eine Ausbildung für Security-Personal Pflicht und das habe die Situation verbessert.
Dichte Grundausbildung
Samstagmorgen 8 Uhr. Im fünften Stock eines Bürogebäudes in Altstetten sitzen 30 Männer. Ab und zu sei auch eine Frau im Grundkurs dabei, der Anteil belaufe sich aber höchstens auf 10 Prozent, sagt Ausbilder Taubert. Die anwesenden Männer arbeiten in unterschiedlichen Sicherheitsbereichen, nur drei sind Türsteher im Clubbereich. Das Programm des Kurses dauert 20 Stunden und ist dicht. Zur Grundausbildung gehören Deeskalation, Kommunikation, Rechtskunde, Erste Hilfe, Brandschutz, Eigenschutz und Ausrüstung.
Bei der Vorstellungsrunde sagen einige der Männer, dass es für sie wichtig sei zu wissen, wie sie sich im legalen Rahmen verteidigen könnten. Die Gewaltbereitschaft, mit der sie konfrontiert würden, habe massiv zugenommen, sagt einer. «Vor sieben Jahren gab’s vielleicht mal einen Faustschlag. Heute werden Türsteher mit Messern, Pistolen, Schlagringen, Flaschen, Bierkrügen und Baseballschlägern konfrontiert.» Man versuche immer zuerst, aggressive Gäste verbal zu beschwichtigen. Aber morgens um 4 Uhr an der Langstrasse in Zürich würden Worte manchmal nicht reichen.
Erklären statt Hausverbot
Mit der Grundkurs-Pflicht in den meisten Kantonen ist auch das Bewusstsein in der Security-Branche angekommen, dass Sozialkompetenz und Kommunikation zentral sind. Die Firma Taktvoll in Bern geht noch einen Schritt weiter. «Unsere Leute sollen «aware», also sich ihrem eigenen Verhalten bewusst sein und wissen, wie die eigene Kommunikation wirkt», sagt Taktvoll-Mitgründer Christoph Ris und macht ein Beispiel: «Anstatt mit einem Hausverbot zu drohen, besser höflich erklären, warum für heute vielleicht mal gut ist und der Person sagen, dass sie doch gerne nächste Woche wieder kommen soll.»
Augenhöhe statt Provokation
Security-Arbeit, die mehr auf Awareness und Empathie setzt, ist offenbar auch für weibliche Angestellte attraktiver. Bei Taktvoll ist der Anteil von Frauen dreimal höher als bei gängigen Security-Firmen. Wer physisch nicht die klassischen Türsteher-Merkmale habe, also gross und breit ist, müsse kommunikativ noch sattelfester sein, sagt Ris. «Aber wenn man auf Augenhöhe auf Menschen zugeht, dann wollen sich viele auch gar nicht erst messen.»
Reicht reden immer?
Früher sei der Ansatz von Taktvoll von anderen Security-Unternehmen eher belächelt worden. «Mittlerweile haben wir bewiesen, dass unsere Arbeit wichtig und nötig ist», sagt Ris. Doch reicht empathisches Kommunizieren auch morgens um 4 Uhr an berüchtigten Ausgeh-Hotspots wie der Langstrasse? Wahrscheinlich gebe es für die Arbeit von Taktvoll tatsächlich irgendwo eine Grenze, sagt Ris. Bloss «Bis jetzt haben wir sie noch nicht gefunden.» Und dabei war Taktvoll in den letzten fünf Jahren auch schon bei grossen Festivals im Einsatz, also an Orten, bei denen durchaus Konfliktpotential besteht. Reden habe da bis anhin immer gereicht.