Abends todmüde ins Bett fallen, aber nicht einschlafen können, weil das Grübelmonster im Kopf erwacht und die Gedanken kreisen lässt. «Grübeln? Das kenn ich», sagt Karina Wahl und lacht, «in sozialen Situationen oder in einer Interviewsituation wie jetzt.» Die Psychologin forscht an der Universität Basel zum Grübeln: «Das Thema ist faszinierend, weil es jeder kennt.»
Rumination: Wenn Gedanken endlos nach unten kreisen
Der Fachbegriff für negatives Gedankenkreisen ist Rumination. Rumination bedeutet Wiederkäuen. Kühe machen das, um ihr Fressen zu verdauen. Das macht Sinn. Bei Gedanken macht das wenig Sinn, wenn der Kopf ruminiert und Gedanken wieder und wiederkäut, ohne zu einer Lösung zu kommen: «Es ist nicht konstruktiv und geht immer weiter», beschreibt Karina Wahl die Negativspirale im Kopf.
Das Grübelmonster macht sich grösser, als es ist
Ich selbst grüble, wie viele, vor allem nachts. Irgendwann habe ich im dabei realisiert, dass dieses Grübelmonster reale Probleme und Ängste grösser macht, als sie tatsächlich sind – und mich somit klein und machtlos fühlen lässt.
Was kann ich tun gegen das Grübelmonster?
Das Problem am Grübeln: Die Gedanken sind abstrakt und absolut, erklärt Karina Wahl. Oder in anderen Worten: Statt dem Grübelmonster zuzuhören, lieber den Verstand fragen: Machen diese Gedanken Sinn oder lasse ich mich vom Grübelmonster in etwas hineinreiten? Es helfe, detektivisch herauszufinden, in welchen Situationen man grübelt und das Abstrakte konkret zu machen:
- Was genau hätte ich anders machen können?
- Haben die anderen wirklich negativ reagiert oder meine ich das nur?
- Hält mich das Grübeln davon ab, die Probleme anzupacken – etwa in einer Beziehung?
Eine Kollegin von mir bekämpft ihr Grübelmonster nach diesem Rezept: Wenn es sie nachts nicht schlafen lässt und auf ihre Baustellen im Job zeigt, steht sie auf, setzt sich an den Tisch und schreibt auf. Nicht ihre Ängste, sondern eine To-do-Liste. So sind die Gedanken verstaut, der Kopf findet Ruhe und sie kann wieder ins Bett.
Was hilft, ist Ablenken, etwas tun, ins Handeln kommen.
Bei mir funktioniert das: Wenn ich meine Turnschuhe anziehe und im Wald renne, kann ich das Grübelmonster hinter mir lassen. Nur ich und die Bäume. Das gibt meinem Kopf Entspannung – und immer wieder werden dabei die Gedanken geordnet. Oder ich nehme den Fokus weg von mir und konzentriere mich auf das Leben um mich herum. Bei einem Kaffee einer Freundin zuhören, statt dem Grübelmonster.
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Rumination als Begleiter von psychischen Krankheiten
Rumination ist deshalb so unangenehm, weil es uns an Orte in unserem Kopf bringen kann, an denen wir nicht sein wollen und uns nicht guttun. Es erstaunt nicht, dass das Grübelmonster ein Begleiter von psychischen Krankheiten sein kann. In solchen Fällen hat das Grübelmonster eine andere Dimension und da können To-do-Listen, Joggingschuhe oder ein Kaffee mit einer Freundin nicht mehr helfen. Dann ist professionelle Hilfe angesagt, sagt Karina Wahl. Therapiemöglichkeiten seien Achtsamkeitsübungen, computerbasiertes Training oder Grübeltagebücher.
Es tut gut, wenn Dinge einen Namen haben
Mir hat es gutgetan zu erfahren, dass das Grübelmonster etwas ist, dass erstens viele haben, es also «normal» ist zu grübeln. Zudem werden Dinge fassbarer, wenn sie einen Namen haben. So wurde dieses Grübelmonster, diese Rumination, immer kleiner - fast schon zu einem herzigen «Rumi», dass sich bändigen lässt. Und es ist gut, dass es Fachleute gibt, die sich damit auskennen und weiterhelfen, wenn man selbst nicht mehr weiterweiss.
Worüber grübeln Sie? Und was hilft Ihnen konkret dagegen? Schreiben Sie es in die Kommentare!