Es ist eine unangenehme Vorstellung. Man steht in einer Bank und plötzlich zückt eine vermummte Person eine Waffe. Schon befindet man sich mitten in einem Banküberfall.
Eine solche Szene spielte sich vor einer Woche in Sursee LU ab. Der Täter konnte mit dem Geld flüchten. Kurz darauf fahndete die Polizei nach ihm mit einer speziellen Methode: der Öffentlichkeitsfahndung.
Auch Täter haben Persönlichkeitsrechte
Diese Methode setzen Polizeicorps in der ganzen Schweiz ein. Momentan laufen mehrere solche Fahndungen. Auch bei der Kantonspolizei Zürich kommt die Methode zum Einsatz – aber nur in speziellen Fällen, sagt Medienchef Patrick Céréda. «Wenn alle anderen Fahndungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und es tatsächlich keine weiteren Hinweise gibt auf die Identität einer Täterschaft, ist die Öffentlichkeitsfahndung ein probables Mittel.»
Ob die Polizei mit Fotos nach Täterinnen oder Tätern fahndet, entscheidet die zuständige Untersuchungsbehörde, also die Staatsanwaltschaft. «Denn eine Öffentlichkeitsfahndung ist ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte einer Täterin oder eines Täters, auch wenn sie oder er eine schwere Straftat begangen hat», sagt Céréda.
Schwere Körperverletzung bis Tötung
Öffentlichkeitsfahndungen kommen in der Regel bei schweren Delikten zum Einsatz, wie bei einer schweren Körperverletzung oder einem Tötungsdelikt.
Auch bei Delikten im Zusammenhang mit Fussballspielen hat die Kantonspolizei Zürich die Öffentlichkeitsfahndung bereits eingesetzt. Dabei arbeitet sie mit dem Drei-Phasen-Prinzip.
In einer ersten Phase wird angedroht, dass die Polizei mit Bildern an die Öffentlichkeit geht. In einer zweiten Phase werden Bilder der Täterschaft verpixelt veröffentlicht. Und in einer dritten Phase sind sie unverpixelt.
Zwei Wochen Zeit, sich zu stellen
Doch oftmals kommt es gar nicht zur Phase drei. Die Drohung zeigt ihre Wirkung. «Die Täterinnen oder Täter melden sich, weil sie nicht möchten, dass man ihr Foto in den Medien oder im Internet sieht», sagt Céréda.
Eine fixe Frist gibt es dabei nicht. Bei der letzten Öffentlichkeitsfahndung der Kapo Zürich bekamen die Täter rund zwei Wochen, um sich zu melden. Nach dem Verstreichen der Frist veröffentlichte die Polizei die Fotos – und fand die Täter kurz darauf.
Tatsächlich mehr Fahndungen mit Foto?
Doch stimmt es, dass, wie kürzlich in Medienberichten erwähnt, immer mehr Öffentlichkeitsfahndungen zum Einsatz kommen? Die Annahme: Weil es immer mehr schwere Delikte in der Schweiz gibt, fahndet die Polizei immer öfter mit Fotos.
Die aktuelle Kriminalstatistik zeigt: In der Schweiz nimmt die Anzahl an mittleren und schweren Delikten zu. Doch Patrick Céréda verneint, dass es darum zu mehr Öffentlichkeitsfahndungen kommt. Auf Nachfrage schreibt auch die Staatsanwaltschaft in St. Gallen oder Basel-Stadt, dass keine solche Tendenz festgestellt werden kann.
Céréda betont, dass die Öffentlichkeitsfahndung nur in Einzelfällen zum Einsatz kommt, wenn alle anderen Methoden ausgeschöpft sind. Im Kanton Zürich komme man so auf eine Handvoll Fälle pro Jahr.
Beim Banküberfall in Sursee zeigte die Öffentlichkeitsfahndung ihren Effekt. Die Polizei konnte den Täter mittlerweile festnehmen und das entwendete Geld sicherstellen.