Denkt man an Heintje, sieht man noch immer den kleinen Jungen von damals vor Augen. Doch aus Heintje ist längst Hein geworden – auch an ihm nagt der Zahn der Zeit. Schon länger plagen ihn gesundheitliche Probleme. Neben einer Hautkrebserkrankung, einer Herzschwäche und einer überstandenen Lungenembolie, ist es aktuell sein nachlassendes Gehör, das ihm zu schaffen macht.
Er bangt um seine Karriere: «Wenn das nicht besser wird, dann muss ich das Singen früher an den Nagel hängen, als ich will.» Deshalb hat er kurzfristig alle Auftritte abgesagt.
Heintje wächst auf einem Bauernhof im Südosten der Niederlande auf, wo seine Eltern eine kleine Gastwirtschaft führen. Sein Highlight: die Jukebox. Die Schmachtballade «Mama» des italienischen Knabensoprans Robertino läuft in Dauerschleife. Heintje singt laut mit – so gut, dass ihn seine Mutter zu einem Talentwettbewerb mitnimmt.
Es kommt zu einem Plattendeal. Heintjes «Mama» erscheint erfolgreich als Single auf Holländisch. Nun soll auch der deutsche Markt folgen. Doch Plattenfirmen und Produzenten sind ratlos: Wie promotet man einen Teenager, während die Musikwelt sich mit Rolling Stones und Beatles gerade neu erfindet?
In 55 Sekunden zum Star
Selbst ein TV-Auftritt muss erkämpft werden. In Vico Torrianis «Der goldene Schuss» erhält Heintje gerade mal 55 Sekunden Sendezeit. Doch das genügt, um Muttis und Omis vor dem Fernseher kollektiv aufschluchzen zu lassen. Die deutsche Version von «Mama» verkauft sich 1967 über eine Million Mal.
Showmaster Rudi Carell fördert den jungen Star und holt ihn mehrfach in seine Show – was die Plattenverkäufe anheizt. Songs wie «Ich bau dir ein Schloss» oder «Oma so lieb» werden Verkaufsschlager. Bis zu 50'000 Platten wandern täglich über die Theke. Mit zwölf hat Heintje bereits zehn goldene Schallplatten und einen goldenen Löwen.
«Deine Tränen sind auch meine» (1970 in der «Rudi Carell-Show»)
Als Musterknabe zum Filmstar
Heintje funktioniert nicht nur im TV und Radio, sondern auch im Kino. Als wohlerzogener Musterknabe steht er mit Stars wie Roy Black und Peter Alexander in Schmonzetten wie «Hurra, die Schule brennt» vor der Kamera.
Zu alt für die Omas, zu brav für die Teenager
Über die Jahre wird Heintje vom Milchbubi zum attraktiven Jüngling. Ab seinem 16. Lebensjahr lassen seine Produzenten ihn strategisch eine künstlerische Pause einlegen.
Mit neuen Liedern im Gepäck erscheint Hein Simons 1979 zurück auf der Bildfläche. Seine erste Single «Und alles nur, weil wir uns lieben» verkauft sich über 280'000 Mal. Beachtlich! Aber gemessen an früheren Erfolgen: ein Flop. Für die Omas ist er zu alt, und die Teenager finden ihn unsexy.
Dank Heintje wieder voll gefragt
Heintje zieht sich zurück, widmet sich seinen Pferden. Das Singen gibt er nie auf, spielt dabei aber nicht mehr in der ersten Liga.
2017 gelingt ein kleines Wunder: Auf dem Album «Heintje und ich» singt Hein Simons dank Studio-Tricktechnik mit seinem kindlichen Ich. Das Album wird ein Hit.
Von Mama lebt er noch heute
Seine Zukunft sieht er ähnlich wie seinen 70. Geburtstag: Die grosse Party ist zu Ende. «Es war eine wunderschöne Zeit, aber sie ist abgeschlossen – ich blicke mit sehr viel Freude zurück.»
Dankbar ist er auch dafür, dass er immer korrekte Menschen an seiner Seite hatte. Seine Manager und Produzenten handelten stets faire Verträge für ihn aus. Deshalb ist er finanziell abgesichert – und auch wenn es schon bald 60 Jahre her ist, lebt er bis heute noch von «Mamas» Tantiemen.