«Frei zu leben und nach vorne schauen, Schritt für Schritt, Hand in Hand, mehr und mehr», allein schon diese schwammige Textzeile lässt nichts Gutes erahnen. In der Tat handelt es sich bei «Frei zu leben» um einen misslungenen Abklatsch von «Ein bisschen Frieden». Dies obschon beide Titel aus der Feder von Ralph Siegel stammen, und mit Michael Kunze als Texter ebenfalls ein Meister am Werk war.
Geblendet durch den Mauerfall
Beim deutschen Vorentscheid für den «Eurovision Song Contest» ging das Lied noch als grosser Sieger hervor. Wahrscheinlich war man in Deutschland noch ganz euphorisch über den kürzlichen Mauerfall, sodass man sich durch die Message «Frei zu leben» blenden liess. Sowieso lässt sich sagen, dass der ESC 1990 vom Mauerfall geprägt war. Weitere fünf Länder wie Norwegen (Brandenburger Tor) oder Österreich (Keine Mauern mehr) bezogen sich direkt oder indirekt darauf.
Politische Gratwanderung
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass politisch angehauchte Wettbewerbsbeiträge beim ESC nicht gerne gesehen sind. Es handelt sich dabei immer um eine Gratwanderung. Beim deutschen Beitrag kam hinzu, dass die Melodie hymnenhaft aber charakterlos, die Interpretation unmotiviert und der Text belanglos waren. Dennoch schaffte es «Frei zu leben» auf den neunten Platz.
Dass ein politisches Thema auch funktionieren kann, bewies im selben Jahr Toto Cotugno, der mit «Insieme» den Sieg für Italien holte. Sein Titel handelte von der bevorstehenden Gründung der Europäischen Union, was die Menschen damals ebenfalls sehr bewegte.
Gescheiterte Gesangskarriere
Sowohl für Kovac als auch für Kempers war es danach vorbei mit einer Gesangskarriere. Während Kempers sich gänzlich vom Showbusiness verabschiedete, konzentrierte sich Kovac fortan erfolgreich aufs Moderieren.