Selbstbewusst, zielbewusst, charismatisch – das sind Adjektive, die man mit Claudia Jung instinktiv in Verbindung bringt. Kein Wunder, die Grande Dame des Schlagers ist seit jeher auch politisch sehr aktiv. Sei es als Gemeinderätin oder als Abgeordnete im Bayerischen Landtag, Jung weiss sich stets zu behaupten. Die Rolle der Familie und insbesondere die der Frau spielt für sie immer eine grosse Rolle.
Entsprechend verwirrend klingt es nun, wenn sie in ihrem neusten Musikprojekt plötzlich über «Artige Frauen» singt.
Verstaubte Klischees
Schlagermosaik-Experte Roger De Win streicht heraus, dass das Wort «artig» bewusst gewählt wurde. Im Verlaufe des Songs begegnet es uns in unterschiedlichen Variationen wie «einzigartig» oder «eigenartig» wieder. Dennoch will der Text irgendwie nicht greifen. Zu verstaubt sind klischeehafte Floskeln wie: «Ihr wisst, wir haben zwei scharfe Ohren, und auch dazwischen passt was rein» oder «Die Frau steht ihren Mann – und ich sag euch, warum sie es macht: weil sie es kann».
Vor allem stört sich De Win aber an der Zeile «Weil wir so einzigartig sind, wenn, so jeder weiss, hat es die Natur bestimmt.» Natürlich ist das Thema Frauenpower und Gleichstellung aktuell sehr angesagt. Aber auch die Männerwelt ist nicht in den 1950er-Jahren stecken geblieben. Wohl kaum ein moderner Mann würde heute von seiner Frau verlangen, dass sie «artig» ist.
Verpasste Chance
Vielmehr hätte man auf witzigere Ideen wie im beiliegenden Pressetext zurückgreifen können. Hier trumpft der Autor mit Bemerkungen auf wie: «Fred Astaires Tanzpartnerin Ginger Rogers konnte alles, was er auch konnte – allerdings rückwärts und auf Stöckelschuhen».