Frank Farian hausiert mit seinen Liedern
Wir schreiben das Jahr 1975. Da wo Anfang der 1970er-Jahre ein Grossteil der aktuellen Künstler der deutschen Schlagerszene unter Vertrag waren, klopft auch der junge Sänger Frank Farian an. Er steht im Büro des Hansa-Musikverlag-Chefs Thomas Meisel und spielt ihm mehrere Lieder vor, die er gerne bei seinem Verlag herausgeben möchte.
Die Kompositionen lösen beim Verlagschef jedoch keinen grossen Begeisterungssturm aus. Bei Frank Farian macht sich Verzweiflung breit. Doch, ein Lied hat er noch im Gepäck. Es heisst «Rocky».
Auch auf diesen Vorschlag reagiert der Verlagschef nicht gerade enthusiastisch.
Die Tränen der Putzfrau
Just in diesem Moment läuft eine Putzfrau vorbei und Meisel ruft ihr zu:
Bitte bleiben Sie kurz hier!
Die Putzfrau folgt der Aufforderung und Frank Farian lässt nochmal sein Lied «Rocky» laufen.
Was dann passiert – damit hat der Verlagschef Thomas Meisel nicht gerechnet. Die Putzfrau bricht in Tränen aus. Was ist denn los, will er wissen und sie antwortet: «Ein tolles Lied!»
Nach einem kurzen Moment der Stille sagt der Verleger Thomas Meisel zu Frank Farian: «Wir müssen reden.» Sie haben gesprochen und den Vertrag ausgehandelt. Schnell ist er unterschrieben und «Rocky» wird auf Vinyl gepresst.
Der «Putzfrauen-Test»
Im Frühling 1976 klettert «Rocky» bis auf Platz 3 der Schweizer Hitparade. In Deutschland schafft es der Song auf Platz 1. Ein Riesenerfolg. Und das nur dank dem Urteil der Putzfrau. Ohne das hätte der Verleger das Lied vermutlich abgelehnt.
In der Schlagerwelt ging der sogenannten «Putzfrauen-Test» in die Geschichte ein. All das hat Schlagerstar Bernhard Brink in seiner Biografie verraten. Auch er war an diesem schicksalshaften Tag rein zufällig im Büro des Musikverlegers anwesend.
Nur was berührt hat Erfolg
Für SRF-Schlagermusik-Experte Roger de Win ist die Geschichte auch ein Beleg einer ganz bestimmten musikalischen Wahrheit. Nur was berührt hat Erfolg. Und das Lied «Rocky» berührt fast zu sehr. Es geht um eine junge Liebe, um eine Familiengründung und das tragische Ende eines unverhofften Glücks.
Im «Schlagermosaik» nimmt Roger De Win jeden Montag einen Schlagertitel unter die Lupe und bringt interessante Fakten ans Licht.
