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«Ich hab noch einen Koffer in Berlin» von Marlene Dietrich im «Schlagermosaik»
Aus Musik MW vom 25.05.2020. Bild: Keystone
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Marlene Dietrich Jubel im Konzertsaal – Krawall vor der Türe

Im Mai 1960 tritt Marlene Dietrich zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg in Berlin auf. Während das Saalpublikum und die Medien die Sängerin feiern, wird vor dem Titania Palast heftig demonstriert.

«Diese Frau zu sehen war ein Ereignis, das niemand, der es sich leisten kann, versäumen sollte», schreibt die Frankfurter Allgemeine. Und weiter: «Uns wird hier endlich wieder ein Massstab für Geschmack, Intelligenz und Kunst gesetzt, den wir in den Niederungen unserer Unterhaltungsindustrie längst vergessen haben.»

Ganz anders die Stimmen vor dem Konzertlokal. Da wird Marlene Dietrich als Vaterlands-Verräterin verschrien. «Marlene, go home» lautet die Aufforderung auf Plakaten. Die Sängerin habe ihre Heimat im Stich gelassen, so die Meinung der Demonstrierenden.

Hitler, nein danke!

Die Vorgeschichte zeigt eine andere Realität. Nach ihrem Erfolg im deutschen Film «Der blaue Engel» geht Marlene Dietrich nach Hollywood.

Bild von einer Familie mit Eltern und Tochter.
Legende: Marlene Dietrich zusammen mit Ehemann Rudolf Sieber und Tochter Maria 1931 in den USA. Keystone

In den Jahren danach kommen in Deutschland die Nationalsozialisten an die Macht. Marlene Dietrich schockiert diese politische Entwicklung und sie weigert sich für die neuen Machthaber aufzutreten. Lukrative Angebote von Adolf Hitler für Auftritte in Deutschland lehnt sie kategorisch ab.

Sie entschliesst in den USA zu bleiben und nimmt 1939 die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Zur Aufmunterung singt sie vor amerikanischen Soldaten und für die Verletzten in Lazaretten. Keinen Gefallen daran hat das Nazi-Regime in Deutschland. Es beginnt damit, die Sängerin als Verräterin ihres Vaterlandes darzustellen.

Späte Versöhnung

Dieses Bild setzt sich in den Köpfen vieler Deutschen über Jahrzehnte fest. Das erklärt auch die Demonstrationen während des Auftritts 1960 in Berlin. Das Konzert beendet die Sängerin übrigens mit dem wehmütigen Lied «Ich hab noch einen Koffer in Berlin», in dem sie die Liebe zu ihrer alten Heimat ausdrückt.

Erst 2001 entschuldigt sich Deutschland bei Marlene Dietrich offiziell für all die Anfeindungen während der Nazi-Zeit. Eine Inschrift auf dem Marlene-Dietrich-Platz in Berlin würdigt ihre Haltung mit folgenden Worten: «Berliner Weltstar des Films und des Chansons. Einsatz für Freiheit und Demokratie, für Berlin und Deutschland».

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