Alle Briefe mit der Adresse «Christkind; 9405 Wienacht» landen auf Robert Zellwegers Schreibtisch. Er ist das Schweizer «Christkind». Vor fünf Jahren übernahm er das Ämtli von seinem Vorgänger. Dieser hatte vor rund 30 Jahren aus Eigeninitiative angefangen, die Weihnachtspost ans «Christkind in Wienacht» zu beantworten.
Robert Zellwegers Ziel ist es, jeden Brief ans «Christkind» gewissenhaft zu beantworten. Das kann zum Teil ganz schön knifflig werden, denn manche Kinder vergessen ihren Nachnamen mitzuteilen.
Kinder aus der Schweiz erstellen oft ganze Wunschlisten. Hoch im Kurs liegen dabei Spielwaren und natürlich elektronische Artikel wie Spielkonsolen und Mobiltelefone. Robert Zellweger antwortet den Absendern jeweils mit einer Weihnachtsgeschichte und auch immer mit einer individuellen Antwort.
Das Christkind kommt mit dem Schlitten und kann nicht so viel schleppen.
Manchmal sind diese Wunschlisten seitenlang. Dann antwortet Zellweger auch schon einmal mit: «Das Christkind kommt mit dem Schlitten und kann nicht so viel schleppen.»
Die richtige Antwort auf berührende Wunschbriefe
Rund 600 Briefe sind es übers ganze Jahr verteilt, die in Wienacht eintrudeln, und es werden immer mehr – vor allem aus dem Ausland. Letztere stammen meistens von Erwachsenen, die sich Glück und Gesundheit für sich selber oder ihre Angehörigen und Liebsten wünschen.
Aber auch Kinder aus Kriegsgebieten schicken Post ans «Christkind» und wünschen sich Frieden. Einige dieser Briefe können demnach sehr emotional und auch belastend sein – so belastend, dass Zellweger mit einer passenden Antwort hadert. Oft bleibt ihm dann nichts anderes übrig, als Mut zuzusprechen.
Chinesische Studentinnen schreiben auf Schweizerdeutsch
Erstaunlicherweise landen immer häufiger Weihnachtsbriefe aus Asien im «Christkindli»-Briefkasten. Zellweger vermutet, dass sich die Adresse über die sozialen Medien verbreitet. Vor allem chinesische Studentinnen wenden sich ans «Christkind» – teilweise, Übersetzungsprogramm sei Dank, sogar auf Schweizerdeutsch.
Während der Hochsaison sitzt Roger Zellweger bis zu zwei Stunden täglich am Schreibtisch und beantwortet Briefe. Seine Frau steht ihm jeweils beratend zur Seite und hilft ihm, die Rückantwort-Couverts zu beschriften und zu frankieren. Das Porto übernimmt übrigens der Verkehrsverein. Auch wenn es stressig werden kann, der 66-Jährige hängt an seinem einzigartigen Hobby und will es so schnell auch nicht wieder hergeben.