Unter den Fans der sehr erfolgreichen «Far Cry»-Serie (über 50 Millionen mal verkauft) gilt wohl die dritte Ausgabe als die Beste. Mir persönlich hat Ausgabe Vier noch etwas besser gefallen , weil dort die Geschichte weniger unerträglich war.
Worüber sich aber wohl alle einig sind: Seit Ausgabe Drei ist nicht mehr viel Neues passiert im «Far Cry»-Universum, ausser dass es sich ausgedehnt hat.
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Und das ist leider auch in diesem neuen «Far Cry 6» so. Wir machen das, was wir schon seit zehn Jahren tun: Stützpunkte erobern, Verbündete gewinnen, etwas jagen und fischen, versteckte Dinge finden, unsere Ausrüstung verbessern. Es ist einfach alles noch einmal grösser, es gibt noch mehr zu tun, überwältigend viele To-Do-Listen, die abgehakt werden wollen.
Die Antwort auf die Frage, ob «Far Cry 6» gut ist, hängt also direkt mit der eigenen Bereitschaft zusammen, zum x-ten Mal das Gleiche zu spielen.
Das ist natürlich das Gegenteil von kreativ. Doch mir hat das Game überraschend viel Spass gemacht. Die Formel funktioniert einfach. Denn «Far Cry» lässt mir sehr viel Freiheit: Ich kann entscheiden, was ich als nächstes tun möchte und wie ich das tun möchte. Die Handlung kommt uns dabei nicht in die Quere, den wir bestimmen sie.
Damit es mir aber nicht langweilig wurde, dachte ich dennoch etwas über die Geschichte des Games nach. Und die ist enttäuschend.
Wir kämpfen auf der Insel Yara (ein nur sehr durchsichtig verhülltes Fantasie-Kuba) gegen den Diktator Antón Castillo. Der wird von Giancarlo Esposito gespielt (der dank der grossartigen Figur Gustavo Frings aus “Breaking Bad” bekannt ist) und er bekommt leider viel zu wenig zu tun. Das ist nichts mehr als das uralte Klischee des superbrutalen lateinamerikanischen Despoten.
Auch sonst ist das pure Guerilla-Romantik. Es ist eine Machtfantasie. Alle spannenden Themen des Guerilla-Kampfes fehlen oder werden missverstanden. So geht es zwar im Game darum, Verbündete zu finden – für jede Guerilla überlebenswichtig. Dabei geht es aber immer um andere Mächtige, Schmuggler oder Warlords und nie darum, die Bevölkerung, die ja eigentlich mit der Revolution beglückt werden soll, auf die Seite zu ziehen. Ideologie (und Indoktrination) – ebenfalls Kerngeschäft einer Guerilla – wird komplett ignoriert, wir kämpfen einfach gegen das Böse.
Im Kern geht es in «Far Cry» ausserdem immer darum, Territorium zurück zu erobern – eine zunächst rote Karte langsam blau einzufärben. Das ist genau das, was eine Guerilla-Truppe nicht tun kann. Sie muss in der Regel beweglich bleiben und ist zu klein und zu schlecht ausgerüstet, um Territorium zu halten.
Und auch sonst wird die Realität einer Truppe im Dschungel völlig ausgeblendet. Niemand hier hat Durchfall oder eitrige Insektenbisse oder von tagelangen Fussmärsche geschundene Körper oder verliert Ausrüstung oder leidet Hunger und Durst. Alle sehen stattdessen gut aus, haben coole Sprüche auf den Lippen und Spass an ihrem Kampf. Das ist nicht einmal Heroisierung à la “Che Guevara”-T-Shirt – sondern einfach eine dümmliche, inhaltsleere Popcorn-Version.
Und das ist schade, denn in der historischen Realität wären vielleicht durchaus spannende Game-Konzepte zu finden gewesen. Mit etwas Mut hätte man nicht einfach ein beliebiges neues Thema auf die alte Formel draufgeklatscht, sondern dem Thema auch die Game-Mechanik angepasst. Und das wäre dann vielleicht die Revolution gewesen, welche diese Serie dringend benötigt. Denn die Methode, einfach alle paar Jahre alles noch grösser zu machen, ist nicht nachhaltig – irgendwann brennen Entwickler und Publikum aus.
Noch ist es nicht soweit. Wem es gelingt, das Hirn abzuschalten und wem es egal ist, zum x-ten Mal das Gleiche zu spielen, wird sich in «Far Cry 6» gut unterhalten.
«Far Cry 6» ist für PC, Playstation und Xbox. Es ist ab 18.