«Bürgerlich kann man natürlich auch als LGBT-Mensch sein. Ich kenne einige LGBTs, die sehr zurückgezogen und bürgerlich in ihren Einfamilienhäusern leben – und dagegen spricht meiner Meinung nach auch nichts. Wie man aber schwul oder lesbisch sein kann und gleichzeitig politisch rechts, das verstehe ich nach all den Jahren, in denen ich mit rechten LGBTs zu tun hatte, immer noch nicht. Wie soll das denn im Kopf zusammengehen?», fragt sich Florian Vock .
Liberal statt konservativ
Indem man die SVP – oder eine andere Partei rechts der Mitte – nicht primär als konservativ betrachte, meint Feurer , sondern als liberal-freiheitlich.
Ich bin nicht per se ein konservativer Mensch, im Gegenteil. Ich würde mich sogar als sehr offen bezeichnen. Ich setze mich mit der SVP gegen staatliche Überregulierung und für persönliche Freiheit ein – wo soll sich das denn mit meiner sexuellen Orientierung beissen?
Sexualität ist keine Privatsache
Eine Haltung, die Florian Vock nicht teilt, da er Sexualität, Geschlecht und Beziehungen nicht für Privatsache hält: «Solange wir in einem Land leben, in dem Frauen weniger verdienen als Männer, eben weil sie Frauen sind, und Schwule auf offener Strasse zusammengeschlagen werden, sind Geschlecht, Beziehung und Sexualität politische Themen, die politisch bearbeitet werden müssen. Nur dann leben wir in einem Land, in dem freie Entscheidungen überhaupt möglich sind.»
Die Definition von Freiheit
Freiheit scheint sowohl für Florian Vock als auch für Beat Feurer ein wichtiges Thema zu sein, auch wenn sie den Begriff sehr unterschiedlich definieren – nicht nur in Bezug auf die Frage, wie politisch respektive privat sexuelle Orientierungen und Beziehungen sind, sondern auch, wenn es um die konkrete Ausgestaltung eben dieser Beziehungen geht.
Von Vorbildern und Rollenbildern
Florian Vock ist nämlich davon überzeugt, dass Beziehungen unter LGBTs Vorbild für den Rest der (heterosexuellen) Gesellschaft sind – oder sein sollten.
Heterosexuelle Beziehungen waren lange Zeit sehr starren Verhaltensregeln unterworfen. Man kommt zur Welt, man geht zur Schule, hat den ersten Kuss, den ersten Sex, dann heiratet man, bekommt Kinder und dann wird man alt und stirbt – geschieden, in 50% aller Fälle. Dank uns LGBTs haben auch viele Heteros angefangen, dieses Muster zu hinterfragen und zu merken: Hey, ich darf selber entscheiden, wie ich leben will!
Was Vock als eine neue und begrüssenswerte Ergebnisoffenheit eines durchschnittlichen Schweizer Lebenslaufes betrachtet, ist für Beat Feurer ein zweischneidiges Schwert: «Viele Studien unter homo- sowie heterosexuellen Menschen zeigen, dass Menschen beider Orientierungen glücklicher sind, wenn sie in stabilen Beziehungen leben. Nur ist eine solche Beziehung viel schwerer zu führen, wenn Vorbilder, wie zum Beispiel die eigenen Eltern, fehlen.» Ausserdem wüde Sex – vor allem unter schwulen Männern – immer mehr zu einem Konsumgut, dass via App und Internet ständig zur Verfügung stehe. «Dadurch wird es natürlich noch schwerer, eine Beziehung zu führen, die auf Treue und Vertrauen basiert.»
Dennoch ist auch Feurer überzeugt, dass man als schwuler Mann in der Politik mit gutem Beispiel vorangehen muss – allerdings nicht hauptsächlich als Beispiel für heterosexuelle Menschen, sondern für «all die jungen Menschen da draussen, die merken, dass sie sexuell anders ticken und noch nicht wissen, was das genau bedeutet.»
Heterosexualität determiniert auch keine politische Meinung
Florian Vock und Beat Feurer sind zwei Menschen mit sehr unterschiedlichen Weltanschauungen, die dennoch viele Gemeinsamkeiten haben: Sie beide sind Politiker und legen viel Wert auf Freiheit – obschon ihre Idee von Freiheit gänzlich unterschiedlich ist. Sie beide engagieren sich in Vereinen – der eine bei der emanzipatorischen Jugendbewegung Milchjugend , der andere im Verein Gay SVP . Beide nehmen sie ihre Rolle als Vorbild sehr ernst – und beide sind sie schwul.
Sexuelle und politische Orientierung scheinen also gänzlich unabhängig voneinander zu funktionieren, was eigentlich keine Überraschung ist: Heterosexualität steht ja auch nicht im Verdacht, irgendeine gesellschaftliche oder politische Meinung zu determinieren.
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