Vor vier Jahren, genauer gesagt am 09. September 2016, wird Lisas Leben auf den Kopf gestellt. «Das kann doch nicht sein», denkt sich die junge Bernerin. Die Vorzeichen stehen nicht gut: Starke Kopfschmerzen, eine Schwächung des Sehvermögens und plötzlicher Milcheinschuss. Drei Gründe, um Lisa zu einem MRI zu schicken. Mit einem bösen Verdacht, der sich bestätigt: Lisa hat einen Hirntumor.
Lisa gerät noch nicht in Panik. «Ich hatte vor dem MRI schon ein gewisses medizinisches Vorwissen. Das hat mich beruhigt, denn so wusste ich, dass der Tumor auch gutartig sein kann.» Auf dem MRI wird sichtbar, dass es sich um eine zystische Raumforderung handelt, so in etwa ein mit Wasser gefüllter Ballon. Zudem fällt den Ärzten ein zu hoher Prolaktinwert auf.
Kopfschmerz und Sehschwäche weicht, der Milcheinschuss bleibt
Dieser Wert ist bei Lisa so hoch, da der Tumor auf ihre Hypophyse drückt. Dies ist eine kleine Drüse im Gehirn, welche für die Produktion der Hormone zuständig ist. Der erhöhte Prolaktinwert führt schlussendlich zu allen drei Symptomen, vor allem aber zum Milcheinschuss.
Ich spürte eine grosse Müdigkeit.
In einem ersten Schritt behandeln die Ärzte das Prolaktin. Die Sehschwäche verbessert sich, die Kopfschmerzen weichen, doch der Milcheinschuss bleibt. Ihre Gynäkologin verweist Lisa zu einer Endokrinologin, welche auf Hormon basierte Medizin spezialisiert ist. Sie behandelt Lisa, die mittlerweile unter Energieverlust leidet. «Ich konnte meine Höchstleistungen im Sport nicht mehr abrufen, spürte eine grosse Müdigkeit.»
Die Endokrinologin kommt schnell zum Fazit: Lisa muss sich von einem Neurochirurgen Begutachten lassen, denn nicht das Prolaktin, sondern die Zyste ist das Problem. Sie wird ans Tumor-Board in Basel weitergeleitet, wo entschieden wird, dass Lisa sich einer Operation unterziehen muss.
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«Die Hoffnung hielt nicht lange an»
Durch ihr bereits vorhandenes medizinisches Wissen wird der heute 26-Jährigen auch klar, dass ihre Art von Tumor ein hohes Rezidiv besitzt, das heisst, der Tumor kann jederzeit wieder nachwachsen. Bei der ersten Operation versuchen die Ärzte, ihr den Tumor via Nase zu entfernen. Dies gelingt. Nach nur einer Woche kommt dann die ernüchternde Diagnose: Der Tumor ist wieder gewachsen und Lisa muss eine zweite Operation über sich ergehen lassen. «Da wollte ich einfach weg und flüchtete in die Ferien», erzählt die Bernerin rückblickend.
Jedes Mal, wenn ich mich vor dem MRI in der Kabine 4 umgezogen habe, hat sich der Zustand meines Tumors verschlimmert.
Die zweite Operation ist komplex, insgesamt drei Stunden lang sind die Neurochirurgen damit beschäftigt. Dieses Mal öffnen sie Lisas Schädeldecke und versuchen so den Tumor zu entfernen. Dies gelingt scheinbar, doch schon bald ist der Tumor wieder rezidiv. «Es mag abergläubisch klingen, aber jedes Mal, wenn ich mich vor dem MRI in der Kabine 4 umgezogen habe, hat sich der Zustand meines Tumors verschlimmert.»
Die Ärzte werweissen, ob ein weiterer chirurgischer Eingriff ein zu grosses Risiko für Lisa birgt. Sie entscheiden sich deshalb für eine Protonenbestrahlung, mit welcher der Tumor bekämpft werden soll. «Da musste ich dann ganz still sitzen, den Kopf in einem angepassten Kissen und für die Zähne gab es eine Beissunterlage. Ich durfte mich nicht bewegen. In diesen Momenten kratzt es einen dann natürlich ausgerechnet am kleinen Zeh», lacht die 26-Jährige heute darüber.
Die Strahlentherapie bringt Dinge wie Haarausfall und Müdigkeit mit sich. In diesen Momenten ist Lisa extrem froh um ihren Freundeskreis, der sie stützt. «Meine Eltern und Freunde haben mich auf diesem Weg sehr begleitet und ich bin ihnen dafür unendlich dankbar.»
Obwohl der Tumor nie ganz verschwinden wird und Lisa nicht geheilt ist, ist sie zuversichtlich. Denn die Strahlentherapie hat angeschlagen und der gutartige Tumor wächst zurzeit nicht mehr.