Rahel vergleicht ihr Leben mit einem Kartenhaus: Die Karten sind Ereignisse und Gedanken, die Rahel in sich hineinfrisst. Das Haus wird nach und nach immer grösser, es kommt eine Karte nach der anderen hinzu. Doch irgendwann gerät das Kartenhaus ins Wanken und am 4. August 2020 bricht schlussendlich alles zusammen.
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Das Kartenhaus fällt in sich zusammen
«Ich hatte immer Angst, meine Gedanken auszusprechen, denn dann wurden sie zur Realität», sagt Rahel. Jahrelang hat sie Dinge aus der Vergangenheit nicht verarbeitet: Einen sexuellen Übergriff mit 15 Jahren und einen traumatischen Überfall auf dem Weg zur Arbeit. Sie liegt oft wach im Bett und weint. Sie vertraut sich niemandem an, drückt die Trauer einfach weg. Als sie im Jahr 2020 auch noch ihren Job verliert, fällt sie in ein Loch. Rahel hat starke Suizidgedanken. Sie lenkt sich mit Clubbesuchen und Alkohol ab, bis es irgendwann nicht mehr weiter geht.
Am 4. August bricht sie im Ausgang zusammen. «Es war wie in einem Film, es ist alles an mir vorbeigezogen.» Die damals 25-Jährige wird mit der Ambulanz ins Spital gefahren. Dort wird sie später vor die Wahl gestellt: Entweder wird sie in eine fürsorgliche Unterbringung zwangsverweist oder sie geht freiwillig in die psychiatrische Klinik.
Ich wollte meiner Familie nicht zur Last fallen.
Rahel entscheidet sich für Zweiteres. Sie sieht endlich ein, dass sie Hilfe braucht. Mit ihrer Bezugsperson versteht sie sich von Anfang an sehr gut. Trotzdem sind die ersten Tage eine Qual. Rahel macht sich weniger Sorgen um sich selbst – sondern mehr um ihre Mitmenschen. «Ich wollte meiner Familie nicht zur Last fallen.» Sie sehnt sich nach ihrem Zuhause. Doch irgendwann gewöhnt sie sich an das Setting und die Therapien. Die Kunsttherapie gefällt ihr besonders gut. Ihre Selbstzweifel legen sich, sie entdeckt ihre eigene Kreativität. Und auch in den Gruppentherapien schafft Rahel es, sich nach und nach mehr zu öffnen.
Der Mut, über Probleme zu sprechen
Die Klinik hat mir das Leben gerettet.
Sie eignet sich sogenannte Skills an. Dinge, die ihr auch heute noch helfen, wenn negative Gedanken kommen. Wie sie damit umgehen kann, wenn das Gedankenkreisen und die Selbstzweifel kommen: «Ich höre beispielsweise einen Podcast, mache Sport oder gehe an die frische Luft.» Der grösste Skill sei aber: «Ich habe gelernt, über meine Probleme zu reden.»
Rahel ist im Nachhinein extrem dankbar für diese Erfahrung «Die Klinik hat mir das Leben gerettet.» Ihre Familie hat dieses Erlebnis zusammengeschweisst. Und es sind auch Freundschaften entstanden, ihre ehemalige Zimmergenossin ist zu einer guten Freundin geworden.
Ich war noch nie so nah bei mir selbst.
Rahel möchte mit ihrer Geschichte andere Menschen ermutigen, offen über ihre Probleme zu sprechen. Sie ist überzeugt: Wenn sie nicht rechtzeitig Hilfe angenommen hätte, wäre sie heute an einem ganz anderen Punkt in ihrem Leben. Im letzten halben Jahr hat Rahel sich und ihre Emotionen kennen und schätzen gelernt: «Ich war noch nie so nah bei mir selbst.»