Mit 15 Jahren merkt Deborah zum ersten Mal, dass mit ihr etwas nicht stimmt. «Damals dominierte vor allem sehr viel Angst. Angst vor dem Versagen, Kontrollverlust und Überforderung», sagt sie. Dass sie Hilfe braucht, begreift die junge Frau damals noch nicht. «Weil ich so jung war, fühlte ich mich auch nicht richtig ernst genommen.» Von Fachpersonen werden ihre negativen Gefühle als «Phase» abgestuft.
Mit dem Beginn der Lehre geht es wieder etwas bergauf. Ein neuer Lebensabschnitt fängt an, alles ist neu. «Ich war weniger gefordert und konnte meine Ängste ein Stück weit verdrängen.» Das Gefühl von Zugehörigkeit und Vertrauen fehlt aber nach wie vor.
Eine innere Last begleitet sie täglich. «Ich spürte, da gibt es irgendetwas, das mich daran hindert, mein Leben so zu leben, wie ich es mir wünsche», blickt sie zurück. Irgendwann nimmt Deborah doch professionelle Hilfe in Anspruch und besucht eine Psychotherapie. Richtig öffnen kann sie sich damals aber nicht. «Der Leidensdruck war irgendwie doch nicht so gross und ich dachte, es würde dann schon wieder besser gehen.»
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Es folgt eine lange Phase des Auf und Abs. Am Ende ihrer Ausbildung zieht sie zurück in ihr Elternhaus, gibt damit ihre Selbstständigkeit auf und ist unglücklich in ihrer Beziehung. Sie bricht ihre Therapie ab. «Weshalb ich damals die Therapie abgebrochen habe, weiss ich heute nicht», sagt sie.
Ich war in dieser Wolke, wo mich nichts interessierte.
Mit einer neuen Arbeitsstelle und eigenen Wohnung geht es dann wieder bergauf. «Diese Veränderungen waren zwar sehr fordernd, gelangen mir damals aber recht gut.» Deborah findet schnell Anschluss in ihrem Arbeitsumfeld und wird für ihre Art geschätzt.
Doch die dunklen Gedanken kommen schleichend zurück. Sie beschreibt es als Strudel, der sie immer mehr einnimmt. Deborah zieht sich zurück, geht nicht aus dem Haus und meidet Kontakte. Sie verspürt eine Antriebslosigkeit und hält sich an den kleinsten Dingen fest, die ihr noch irgendeine Emotion geben.
Angst vor den eigenen Gedanken
Dann kommt der Tiefpunkt. «Ich sass in der Badewanne und wünschte mir, ich hätte den Mut, mir die Pulsadern aufzuschneiden», erzählt sie. Gleichzeitig machen ihr diese Gedanken Angst. So sehr, dass es Klick macht. «Ich wusste, ich wollte mehr vom Leben. Das konnte es nicht gewesen sein.»
Sie rafft sich erneut auf, holt psychologische Hilfe und beginnt zu reden. «Pragmatisch über Suizidgedanken zu reden, ist enorm wichtig», betont sie. Auch gelte das Thema immer noch als Tabu. «Häufig höre ich Dinge wie ‹Sag sowas nicht! ›. Aber ich tue es ja nicht. Ich rede darüber und das muss man als Gegenüber aushalten können.» Neben Gesprächen helfen Deborah achtsame Aktivitäten, die die Aufmerksamkeit aufs Jetzt lenken, wie zum Beispiel Meditation, Malen oder Lesen.
Auch heute hat Deborah immer wieder schwierige Tage. «Ich nenne es meinen ‹Dementor›, welcher mir in solchen Momenten mein Leben aussaugt. Das hilft mir bei der Vorstellung», veranschaulicht sie. Deborah weiss: Der dunkle Strudel wird wiederkommen. Aber er macht ihr keine Angst mehr. «Ich weiss, dass es nach der absoluten Verzweiflung wieder besser wird. Ich kann unten raus schwimmen. Immer und immer wieder.»