Simone hat sich nie Sorgen um ihre Gesundheit gemacht. Sie arbeitet selbst im Pflegebereich und hatte immer die Einstellung, sie würde es ja wohl merken, wenn etwas nicht gut ist. So macht sich Simone auch keine Sorgen, als ihr an einem Freitag im August 2018 bei der Arbeit plötzlich schwindlig wird. «Ich fühlte mich, wie wenn ich auf Watte spazieren würde, ganz komisch». Simone denkt, das liegt am Stress bei der Arbeit. Im Spital war die letzten Tage viel los.
Doch dann kann Simone plötzlich nicht mehr gut sehen. Immer wieder kommt ihr ein schwarzer Balken ins Sichtfeld. «Wie ein Zensurbalken, der von rechts ins Bild reinfliegt». Simone wird so schwindlig, dass sie gegen die Wand fällt. «Das war der Moment, als ich gemerkt habe, dass das nicht mehr normal ist». Sie lässt sich von ihren Kolleg*innen im Notfall untersuchen. Die Blutentnahme zeigt keine Auffälligkeiten, doch ihr Blutdruck ist auf beiden Seiten unterschiedlich hoch. Es wird ein CT gemacht. Als Simone aus der Röhre kommt, sind alle schneeweiss im Gesicht. «Ich wusste: Jetzt haben sie etwas gefunden». Simone fühlt sich hundsmiserabel.
Gefahr eines lebensbedrohlichen Schlaganfalls
Simone hört den Begriff «zAVM» zum ersten Mal: zerebrale arteriovenöse Malformation. Es ist eine angeborene Fehlbildung der Blutgefässe innerhalb des Gehirns, bei der die Arterien direkt mit den Venen verbunden sind, ohne dazwischenliegenden Kapillaren. Bei Simone sind die Venen und die Arterien zu einem Osterei-grossen Punkt verwachsen. Das grösste Risiko geht von einer möglichen Hirnblutung aus. Innerhalb der AVM ist der Blutfluss erhöht, die Gefässwände sind gedehnt, dünner als üblich. Die Folge kann ein lebensbedrohlicher Schlaganfall sein. «Mein Hirn war eine tickende Zeitbombe».
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Simone muss sich den Blutknäuel rausoperieren lassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Simone gesund aus der Operation rauskommt, liegt nur bei ca. 30 Prozent. «Mein Arzt hat gut auf mich eingeredet und gesagt, wir killen die Statistik». Vor der Operation füllt Simone ihre Patientenverfügung und Organspendeausweis aus. Simone nimmt Abschied von ihren Familienmitgliedern. Als sie in den Operationssaal geführt wird, ist nicht klar, ob dieser Abschied für immer ist.
Das Karma hat es gut mit mir gemeint
Heute ist die Operation zweieinhalb Jahre her. Simone hat den Eingriff gut überstanden und ist gesund. «Ich habe beim Einschlafen vor der Operation an meine Frau und an den Jakobsweg gedacht, das hat mir Kraft gegeben». Die ersten vier Monate nach der OP hatte Simone Probleme zu sprechen und zu schreiben. Doch heute steht sie wieder voll im Leben. «Der Arzt hat mir im Nachhinein gesagt, dass sie schwarzen Balken im Sichtfeld keine typischen Symptome einer AVM sind». Ohne diese Anzeichen, hätte Simone wohl nie gemerkt, dass etwas nicht stimmt. «Ich glaube das Karma hat es gut mit mir gemeint und hat mir diese Anzeichen geschickt».
Simone möchte anderen Menschen die in einer ähnlichen Situation sind, Mut machen: «Auch wenn die Wahrscheinlichkeit klein ist, sollte man die Hoffnung nie aufgeben.»