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«Ich wurde als Kind ‹Krückenmonster› genannt»
Aus Rehmann vom 19.10.2020. Bild: ZVG
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Rehmann «Ich wurde als Kind ‹Krückenmonster› genannt»

Bei Tobi (38) wird mit 12 Monaten Krebs im Rückenmark diagnostiziert. Aufgrund des Tumors sind bei Operationen Nerven kaputt gegangen, weswegen er heute auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Tobi lässt sich aber nicht davon abhalten, ein normales Leben zu führen und sogar an Konzerten aufzutreten.

Als Tobi das erste Mal bemerkt, dass er «anders» ist, merkt er mit etwa fünf Jahren bei einem Badibesuch. Die Leute schauen ihn komisch an, als er an Krücken läuft und seine Beine «schwingen» lässt.

Ich lebe in einer Zeit mit sehr vielen Möglichkeiten.

In der Primarschule wird Tobi wegen seines Handicaps von seinen Mitschülern gemobbt. Er muss sich Ausdrücke wie «Krückenmonster» anhören oder ihm werden im Schulzimmer die Hosen heruntergezogen. Tobi sieht sich in dieser Zeit als leichtes Opfer, da er sich als relativ naiv wahrnimmt und meist nur das Gute in den Menschen sieht.

Bezug zur Familie

Seine Familie ist ihm sehr wichtig. Sie ist für ihn da und unterstützt ihn immer. Er lässt sich nicht einschränken und geht auch mit seinem Bruder mit zum Zelten. Dabei überqueren sie einige Wege, welche nicht rollstuhlgängig sind.

Sein Bruder behandelt Tobi trotzdem so, als hätte er keine Behinderung. Seine Familie unternimmt fast alle Aktivitäten mit ihm zusammen, daher fragt er sich nie: «Wieso kann ich das nicht?»

Rückblickend findet Tobi die Zeit zuhause mit der Familie schön, auch wenn es ab und zu Streitereien gab. Er hat sich eine dicke Haut angeeignet und viel Wichtiges fürs Leben gelernt.

Ein wichtiges Thema für Tobi ist Selbstständigkeit. Fragen darf man seiner Meinung nach immer, jedoch nervt es ihn manchmal, wenn ihm ohne zu fragen geholfen wird. Zum Beispiel stellt er sich manchmal selber Challenges wie: «Ich will jetzt diesen Hügel alleine hochfahren». Wenn ihn dann jemand einfach von hinten anfängt zu stossen, findet er das übergriffig. Auch findet es Tobi schade, wenn sich die Leute nicht trauen, ihre Hilfe anzubieten oder sogar Angst davor haben.

Viele Leute sind sich zu wenig bewusst, wie schnell sich ein Leben komplett ändern kann.

Tobi konnte recht früh mit seiner Behinderung Frieden schliessen, da er sich nicht mit anderen vergleicht. Erst als es im pubertierenden Alter um das Thema Beziehungen geht, fühlt er wegen seines Handicaps anders. Es begleitet ihn sogar im Schlaf: «Manchmal laufe ich in meinen Träumen», erzählt er. Und es gibt Zeiten, an denen er sich Gedanken darüber macht, weil er nicht die gleichen Voraussetzungen wie die anderen hat.

Arbeiten mit Handicap

Da Tobi immer wieder während seines Studiums in verschiedenen Jobs arbeitet, kann er viele Erfahrungen sammeln und ein Netzwerk aufbauen. Dies vereinfacht ihm den Einstieg ins Berufsleben. Zudem hat er das Glück, dass er sich früh fürs Programmieren am PC interessiert – das ermöglicht ihm uneingeschränktes Arbeiten.

Musik zur Steigerung des Selbstvertrauens

Kreativ zu sein und Musik zu machen, gibt Tobi schon immer ein gutes Selbstwertgefühl. Er fängt schon früh an zu singen und bringt sich selbst bei Gitarre zu spielen. Schon als er als Kind viel im Krankenhaus sein muss und seine Freunde nicht bei ihm sind, singt er Lieder von Peter Reber. Die Musik ist immer da und macht ihn glücklich. Tobi schreibt seine eigenen Lieder, singt und spielt Gitarre. Als Zoder sind bereits wieder einige Konzerte in der Schweiz geplant.

S.O.S. – Sick of Silence

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Wie sieht das Leben junger Menschen aus, nachdem es durch eine chronische Krankheit ausgebremst wurde? Robin Rehmann leidet selbst an einer chronischen Krankheit und unterhält sich in seiner Sendung mit Betroffenen.

Jeden Dienstag, 18-19 Uhr bei SRF Virus oder hier als Podcast.

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