Die Nationale Genossenschaft für Lagerung radioaktiver Abfälle Nagra hat diese Woche die Rahmenbewilligungsgesuche für das Tiefenlager in Stadel/ZH eingereicht. Dass das gesamte Dossier zum Tiefenlager über 30'000 Seiten umfasst, ist ein schöner Zufall, entspricht die Papiermenge doch ziemlich genau dem zu Chlorophyll verarbeiteten Baumbestand, der für das geplante Atomendlager in Stadel gerodet werden muss. Die Nagra beweist also anschauliche Praxisnähe.
Der Atomabfall soll in der digitalen Cloud gespeichert werden. Nur leider hat sich bis dato kein Server-Anbieter gefunden.
Doch Parteien und Umweltverbände bleiben skeptisch: Ob sich die Nordschweizer Plattentektonik an die Vorgaben des Bundes, das Lager müsse eine Million Jahre lang sicher sein, halten wird, ist unklar. Die Nagra verspricht, zeitnah das Gespräch mit der Plattentektonik zu suchen.
Wirtschaftsnahe Verbände plädieren zudem dafür, den Atommüll nicht haptisch in 900 Meter Tiefe zu verbuddeln, wie in irgendeiner handelsüblichen Mülldeponie aus den 1970er-Jahren, sondern den Müll, ganz in Einklang mit den modernen Digitalisierungs-Bestrebungen des Bundes, ins Internet zu verfrachten. Der Atomabfall soll digitalisiert und in der digitalen Cloud gespeichert werden. Nur leider hat sich bis dato kein Server-Anbieter gefunden, der über die nötigen Kapazitäten verfügt.
Der libertär-eidgenössische Think Tank Avenir Suisse hat deshalb die schöne Idee des Miliz-Atomendlagers auf die Tapete gebracht: Wenn jeder Bürger und jede Bürgerin der Schweiz nur einen kleinen Teil des digitalisierten Atomabfalls auf dem Handy oder dem Home Computer speichern und mit sich herumtragen würde, wäre das Problem quasi gelöst. Dass atomarer Abfall somit auch noch volksnah, sympathisch und partizipativ erlebbar würde: ein schöner Nebeneffekt!
Atomabfall: Us de Region, fürd Region!
Bis der Bund jedoch eine Online-Lösung für das durchaus haptische Problem Brennstab gefunden hat, wird noch viel Wasser die Kühltürme herunter fliessen. Der Bund wird also in den nächsten 20 Jahren einen gültigen Mietvertrag mit der Gemeinde Stadel aushandeln müssen. Mindestlaufzeit: eine Million Jahre.
Auf die Gefahr hin, dass die Plattentektonik oder der Lauf der Zeit nach ein paar Zehntausend Jahren jedoch Eigenbedarf auf das Endlager-Gebiet anmelden könnten, haben Bund und Nagra in ihren Mietzins der Teuerung angepasst und schliessen jegliche Untermietverträge kategorisch aus. Nicht, dass die Nagra noch auf die Idee kommt, den Nachbarn aus Deutschland oder Frankreich als eine Art Atomair-BnB Unterschlupf für deren Atomabfälle anzubieten.
Und sollte mit dem Atomendlager doch in den nächsten hunderttausend Jahren etwas schieflaufen, hat die Schweiz zumindest geopolitisch einen Trumpf im Stadler Gestein: Mit einem schlecht gewarteten Atomendlager nahe der Grenze wäre die Schweiz zumindest künftig auch eine Art Atommacht.