Halb acht. Die Bar inmitten des historischen Aarauer Stadtkerns füllt sich. An dunklen Dienstagabenden kommen im «Platzhirsch» Fans von «Der Bestatter» zusammen.
Die Betreiber der Bar waren die ersten, die in Aarau ein Public Viewing durchgeführt haben. Inzwischen kann man die Serie auch im lokalen Kino Ideal schauen.
Aargauer Stolz
Ob auf Stadtführungen zu Drehorten, beim Trinken des Bestatter-Rotweins oder beim Kommentieren auf Twitter: Um die Serie mit Mike Müller ist ein Hype entbrannt.
Das könnte man als reines Stadtmarketing abtun. Doch spricht man mit den Menschen an diesem Abend, wird klar: Ihnen geht es um mehr. Wahrer Lokalpatriotismus kommt hier zum Ausdruck, humorvoll verpackt.
Die Gäste schwärmen von Mike Müller, berichten von Schauplätzen, die sie kennen. «Sogar den bekannten Leichenwagen habe ich schon gesehen. Er stand hier in der Altstadt, vor der Bar», erzählt eine Besucherin.
Mittel gegen Heimweh
Stolz ist man hier. Auf die Umgebung, auf die Stadt im Besonderen. Mehrmals an diesem Abend fällt die Bemerkung: «Aarau war sogar mal die Hauptstadt der Schweiz!»
Bei soviel Heimatverbundenheit verwundert es nicht, dass die «Bestatter»-Fans ihren Lieblingskrimi in den Ferien auch als Mittel gegen Heimweh benutzen, wie eine Zuschauerin erzählt.
Gemeinsam Krimi schauen
Das Lokal wirkt rustikal. Hirschgeweihe schmücken die Holzwände, schummriges Licht. Eine Atmosphäre wie in einer Alphütte. Auf zwei grossen Bildschirmen sind Luc Conrad und Anna-Maria Giovanoli zu sehen.
Philipp Berner war bis vor Kurzem Geschäftsführer im Lokal. Er hatte die Idee zum Public Viewing. Vorbild sei der Erfolg von Public Viewings zum «Bachelor» gewesen. «Wir dachten, der Bestatter hat ähnliches Potential, und etwas mehr Niveau.»
Es klappte. Zum gemeinsamen Krimischauen kommt jeweils nicht nur Stammkunden des «Platzhirsch». Manche kämen extra wegen des Bestatters, so Berner.
Rund vierzig Leute sind an diesem Abend zusammengekommen. Darunter ist eine grössere Gruppe, die meisten kommen aber zu zweit, dritt oder zu viert. Konzentrierte Stille wird ab und an von Gelächter unterbrochen.
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Bild 1 von 7. Für das Ehepaar Hanka und Chrigu Berger wurde das gemeinsame «Bestatter»-Schauen zum Ritual. «Die gemütliche Atmosphäre gefällt uns hier. Es macht Spass, die neuen Folgen mit Gleichgesinnten zu schauen. Und es spielt im Aargau – damit identifizieren wir uns.». Bildquelle: SRF/Danielle Liniger.
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Bild 2 von 7. Philipp Berner hatte die Idee zum Public Viewing im «Platzhirsch». «Ich mag Mike Müllers leicht verschmitzte Art», erklärt der Gastronom. «Ausserdem schätze ich, dass durch die Serie das lokale Gewerbe unterstützt wird.». Bildquelle: SRF/Danielle Liniger.
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Bild 3 von 7. Eingefleischte Bestatter-Fans: Sandrine Knechtli (l.) und Maria Garcia (r.) schauen sich jede Folge in der Bar an: «Immer auf demselben Sofa.» Sandrine Knechtli twittert von hier über den Bestatter. Die beiden Aarauerinnen sind mit Herzblut dabei: «Toll, dass der Bestatter hier spielt. Sogar eine Führung zu den Drehorten haben wir schon besucht.». Bildquelle: SRF/Danielle Liniger.
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Bild 4 von 7. Michelle Hartmann (2.v.l.) und ihre Freunde sind Stammgäste. Der Bestatter-Abend wurde zum fixen Termin in der Agenda. «Gepackt hat es mich, als ich mit meinem Partner auf Weltreise war. In Neuseeland ergriff uns das Heimweh. So haben wir eines nachts den Bestatter geschaut, auf dem Laptop im Campingbus.». Bildquelle: SRF/Danielle Liniger.
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Bild 5 von 7. Mima Heimgartner (l.) und Monica Wunderli (r.) sind zufällig da. Normalerweise kuckt Mima den Bestatter erst am Wochenende – zu Hause mit der ganzen Familie. «Mike Müller ist cool, und man kennt die Schauplätze. Das gibt eine persönliche Bindung.». Bildquelle: SRF/Danielle Liniger.
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Bild 6 von 7. Sandro Winter (l.) und Benjamin Huber (r.) gucken den «Bestatter» zum ersten Mal in der Bar. Fazit: «Eindeutig besser als daheim.» An der Serie schätzen sie «das ganze Packet: die Story, die Schauspieler, unseren Dialekt.» Speziell sei, dass man die Orte oft kenne, betont Benjamin Huber: «Ich habe auf dem Friedhof gearbeitet, als gedreht wurde.». Bildquelle: SRF/Danielle Liniger.
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Bild 7 von 7. Der neue Geschäftsführer der «Platzhirsch»-Bar mag Schweizer Dialektfilme. Die Krimiserie mit Mike Müller im Besonderen, da sie an seinem Wohnort spielt. «Es ist toll, dass die Leute hierherkommen. Es wird hier jeweils richtig heimelig, wie eine grosse Stube – ganz im Kontrast zu hektischen Wochenenden.». Bildquelle: SRF/Danielle Liniger.
Aarau, Hauptstadt der Schweiz
Als die Folge zu Ende geht, die Täterin überführt und die Gläser geleert sind, wird da und dort noch über die neuste Folge diskutiert.
Zeit für den Heimweg. Da bietet einer der Gäste – Polizist, wie er selber sagt – an, das einstige «Bundeshaus» zu zeigen. Das Haus zum Schlossgarten liegt auf dem Weg zum Bahnhof.
Hier wirkte im Jahr 1798 die Leitung der Helvetischen Republik. Bloss für wenige Monate zwar, von Mai bis September. Doch Grund genug für die Aarauer, stolz darauf zu sein. Wie auf den Bestatter.