Zum Inhalt springen

Header

Video
Christoph Franzen: Ein dramatisches Jahr in der Ukraine
Aus News-Clip vom 02.01.2015.
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 31 Sekunden.
Inhalt

SRF DOK Als Korrespondent in der Ukraine – Risse im Land der Hoffnung

Sie träumten von visafreien Reisen nach Europa, von mehr Wohlstand, Rechtssicherheit und einem Leben ohne Korruption. Statt dessen sehen sich die Ukrainerinnen und Ukrainer heute mit einem Krieg im Osten des Landes und mit einer schweren Wirtschaftskrise konfrontiert.

Zum Autor

Box aufklappen Box zuklappen

Christof Franzen ist seit 2003 für SRF tätig, derzeit als Korrespondent mit Sitz in Moskau.

Was die Ukraine-Krise einst für die Welt bedeuten wird, wissen wir noch nicht. Die Pessimisten sehen darin den Kern eines neuen Weltkrieges. Tatsache ist: Dieser Konflikt im zweitgrössten Land Europas macht Angst. Nicht zuletzt, weil wir in Europa sicher waren, dass die Zeiten der Kriege bei uns vorbei sind.

Als Korrespondent mit Sitz in Moskau war die Ukraine-Krise im letzten Jahr das alles überragende Thema in meiner Arbeit. Maidan-Revolution, die Besetzung der Krim, der Krieg im Donbas oder der Flugzeug-Abschuss der Malaysia Airlines MH17: Der Schwall an News wollte kein Ende nehmen.

Wie beeinflusst der Konflikt die Menschen?

Mein Kameramann Ewgenij Kurbatow und ich hatten schon früh den Wunsch, einen Dokumentarfilm zu diesem Thema zu realisieren. Insbesondere wollten wir Menschen zeigen, die nicht im Rampenlicht stehen, deren Leben aber massiv von den Auseinandersetzungen beeinflusst werden, und die sich existentielle Fragen stellen: «Gehe ich in den Krieg und riskiere zu sterben, oder bleibe ich daheim und nehme in Kauf, dass der eigene Staat Stück für Stück auseinanderbricht? Bleibe ich mit meinen Kindern in der gefährlichen Konfliktzone oder verlasse ich Haus und Hof und versuche anderswo einen Neuanfang?»

Wir haben bewusst Protagonisten ausgewählt, die pointierte, teils sogar radikale Meinungen haben.

Vor drei Jahren Fussball-EM in der Ukraine

Vor drei Jahren hatte ich in der Ukraine noch Geschichten im Vorfeld der Fussball-Europameisterschaft realisiert. Ich fand ein Land vor, zwar mit begrenztem Wohlstand und korrupt, aber gleichzeitig auch dynamisch, spannend und mit Menschen, die stolz waren, als vereinte Ukraine internationale Gäste zu empfangen. EM-Spiele fanden damals unter anderem in Donezk statt. Die Metropole des Donbas überraschte mich mit ihren modernen Neubauten, einem prunkvollen Stadion und einem topmodernen Flughafen. Dieser liegt inzwischen in Trümmern.

Die Ukraine ist Opfer des unbedingten russischen Willens geworden, ehemalige Mitgliedsstaaten der Sowjetunion wieder an sich zu binden. Der Westen hatte diese historischen Bindungen und auch Abhängigkeiten unterschätzt. Vor allem aber ist er – im Gegensatz zu Wladimir Putin – nicht bereit, für die Ukraine einen bewaffneten Konflikt zu führen.

«Kein Krieg» und «Frieden» stehen auf den Panzersperren bei Mariupol.
Legende: «Kein Krieg» und «Frieden» stehen auf den Panzersperren bei Mariupol. SRF

Komplizierte Arbeitsbedingungen

Die Arbeit im Donbas war immer wieder eine Herausforderung: Bewilligungen, Strassensperren, Sicherheitslage, respektive die Frage, wieviel Risiko es verträgt oder nicht.

Es war für mich oft eine traurige Arbeit. Es ist ein Krieg, der niemals hätte beginnen dürfen und der von aussen in die Ukraine getragen worden war. Diese Sinnlosigkeit, die Toten, der Hass, der entsteht, insbesondere auch zwischen Millionen von verwandten oder einst befreundeten Russen und Ukrainern und nicht zuletzt die erdrückende russische Propaganda, all das wirkt auch auf mich deprimierend. Dennoch habe ich versucht, auch den einen oder anderen heiteren Moment einzufangen – und diesen im Film Platz einzuräumen.

Meistgelesene Artikel