Zum Inhalt springen

Antarktis-Umrundung Forscher, Seeelefanten und Robben: Unterwegs im Südpolarmeer

Während drei Monaten haben Wissenschaftler aus 30 Ländern auf einem Schiff den Südpol erforscht. Mit dabei ein Schweizer-Team unter Leitung von Danièle Rod. Eine abenteuerliche Reise, die Redaktor Mario Nottaris begleitete.

Zum Autor

Box aufklappen Box zuklappen

Mario Nottaris ist Redaktor beim SRF-Wissensmagazin «Einstein» und hat die Expedition des Swiss Polar Instituts fünf Wochen lang begleitet.

Abgelegene Inseln faszinieren mich seit meiner Jugend: Ob Robinson Crusoe, die Schatzinsel oder Bücher über einstige Polarforscher – ich habe sie alle verschlungen und liebte die kalten Schauer, die mir bei der Lektüre im warmen Bett über den Rücken liefen.

Das Abenteuer beginnt

Entsprechend aufgeregt war ich, als unser russisches Forschungsschiff Kurs auf die Prinz-Edward-Inseln nahm. Die Forschungsstation auf dem südafrikanischen Archipel wird nur einmal im Jahr angelaufen. Genau so habe ich mir eine abgelegene Insel immer vorgestellt: 20 Forschende, 1000 Seeelefanten, 10’000 Robben und 100’000 Pinguine. Kein Mobilfunknetz, kein Verkehr und vor allem: kein Stress.

Jessie Berndt ist eine dieser Forschenden. Genauer: Sie war es. Kurz vor unserer Ankunft stürzte die Pinguinforscherin eine steile Klippe hinunter. Die Forschungsstation hat zwar ein Spitalzimmer, aber keinen Arzt. Jessies Rückenschmerzen wurden immer stärker. Die Insel hat keinen Flugplatz und für eine Evakuierung per Schiff rechnete die südafrikanische Regierung mit mehr als drei Wochen.

Mehr zur Schweizer Expedition

Die Schweizer Expeditionsleiterin Danièle Rod entschied deshalb gemeinsam mit dem südafrikanischen Polarinstitut in Kapstadt und dem russischen Polarinstitut in Sankt Petersburg, dass wir Jessie mit nach Australien nehmen. Es ist die schnellste Möglichkeit, die Verletzte fachgerecht zu versorgen. Danièle Rod: «In solch abgelegenen Regionen müssen sich Expeditionen gegenseitig unterstützen. Auch wir brauchen vielleicht einmal Hilfe.»

Die Pinguinforscherin leidet

Die Überfahrt dauerte fast drei Wochen. Jessie bekam starke Medikamente und strikte Bettruhe verordnet. Mit Besuchen versuchten wir sie aufzuheitern. Ich sprach sie auf die Sehnsucht vieler Menschen nach einsamen, verlassenen Orten an. Es war auch ihr Traum: auf einer einsamen Insel zu leben und zu forschen. Dieser Traum war nun plötzlich weit weg.

Beim MRI stellte sich heras, dass Jessie dass Kreuzbein gebrochen hat. Noch heute, vier Monate nach dem Unfall, verbringt sie die Zeit liegend. Vor Kurzem hat sie mir geschrieben: «Ich liebe diese abgelegenen Orte noch immer. Weil ich nur an einsamen, wilden Plätzen spüre, dass ich wirklich lebe. Ich möchte noch so viele dieser Orte sehen und entdecken, aber ich habe nur ein Leben.»

Zu Besuch bei Funkoffizier David Harztenberg

Auf unserem Schiff war eine Koje für die verletzte Forscherin frei geworden, weil die Schweizer Expedition im Auftrag der südafrikanischen Regierung David Hartzenberg auf die Prinz-Edward-Inseln gebracht hatte. Der Funk-Offizier wird die Insel während 17 Monaten nicht mehr verlassen. Nicht einen Fuss will er in dieser Zeit vor die Tür der Forschungsstation setzen.

Auf den Crozet-Inseln sind die einzigen Nachbarn Königspinguine

Auch Frankreich besitzt Inseln im Südpolarmeer. Sie werden vierteljährlich angelaufen und sind dadurch gut versorgt. Auf der Forschungsstation der Île de la Possession leben neben der Biologin France Mercier und der Ärztin Anne-Claire Barets noch 30 weitere Personen.

Auf Tuchfühlung mit dem kalten Kontinent

Ein einziges Mal ist die Schweizer Expedition den antarktischen Kontinent angelaufen. Der gigantische Mertz-Gletscher reicht bis ins Südpolarmeer. Benannt ist er nach dem ersten Schweizer Polarforscher Xavier Mertz, der 1913 hier seinen Anstrengungen erlag. Im antarktischen Sommer aber ist dieser Ort äusserst friedlich.

Meistgelesene Artikel