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Einsturz der Ponte Morandi Die Todesbrücke von Genua

Sie war die Hauptverkehrsader Genuas – die Ponte Morandi. Am 14. August 2018 kam es zur Katastrophe, als die Brücke einstürzte und 43 Menschen das Leben kostete. Schon Jahre zuvor hatte es Warnungen wegen des schlechten Zustands der Tragstruktur gegeben.

Als am 14. August 2018 die Autobahnbrücke Ponte Morandi in Genua zusammenbrach, stürzten Rita Giancristofaro und ihr Partner im Auto in die Tiefe.

Sie überlebten schwerverletzt. «Ich erinnere mich bruchstückhaft, wie wir beide wegen der Schmerzen klagten, aber ich erinnere mich nicht an den Schmerz an sich. Ich wollte einfach nur noch schlafen, die Augen schliessen und ausruhen». Beim Einsturz der Brücke starben 43 Menschen.

Das Polcevera-Viadukt

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Legende: SRF

Der Ponte Morandi (offizieller Name: Polcevera-Viadukt) wurde 1967 eröffnet und führte vierspurig 1,2 Kilometer über die Stadt Genua. Ein Teil des Viadukts war als Schrägseilbrücke mit drei Pfeilern gebaut, von denen einer am 14. August 2018 einstürzte.

Nicht nur die Überlebenden sind bis heute gezeichnet, auch die Rettungskräfte hatten noch nie etwas Ähnliches erlebt. An Toten vorbei mussten sie sich vorkämpfen zu Verschütteten, die sie in den Trümmern rufen hörten.

Das 1967 erbaute Polcevera-Viadukt galt damals als technisches Meisterwerk und war eine wichtige Verkehrsachse. Sie verband den Ost- mit dem Westteil der Stadt Genua und gehörte zur Zufahrtsstrecke zum grössten Hafen des Landes. Mehr als 25,5 Millionen Autos passierten sie jährlich. Wie konnte es zu dieser Tragödie kommen?

Trümmerteile werden in der Schweiz untersucht

Ein Teil der Trümmer wurde in versiegelten Sattelschleppern zur Empa, der eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, nach Dübendorf gebracht. Dort untersuchte ETH-Professor Bernhard Elsener im Auftrag der italienischen Behörden mit einem 14-köpfigen Team die Überreste der Brücke.

Elsener, einer der ausgewiesendsten Experten, fand bald eine mögliche Ursache für den Bruch der Tragkabel: Korrosion, oder anders gesagt: verrostete Spannseile. Sein Gutachten hat er inzwischen beim Gericht in Genua abgeliefert.

ETH-Professor Bernhard Elsener ist mittlerweile von seinem Amt als Gutachter zurückgetreten. Zum Stress der Arbeit kam Druck von aussen. Einige seiner Aussagen haben zu Polemiken geführt.

Wie es geschehen konnte, dass Tragkabel der Brücke mutmasslich vor sich hin rosteten, ohne dass etwas unternommen wurde, wird die gerichtliche Untersuchung zeigen.

Kaum Geld für den Unterhalt

Ein Bericht des Verkehrsministeriums zeigt allerdings, dass nach der Privatisierung der italienischen Autobahnen im Jahr 1999 kaum mehr Geld in den Unterhalt der Tragstruktur investiert wurde: In den 17 Jahren vor der Privatisierung flossen gegen 24 Millionen Euro in den strukturellen Unterhalt der Brücke. Im etwa gleich langen Zeitraum danach waren es noch ein paar zehntausend Euro.

Dokfilm-Regisseur: «Die Leute wollen die Wahrheit wissen»

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Legende: RSI

Der Tessiner Filmautor Philippe Blanc (RSI) schildert seine Eindrücke bei den Dreharbeiten zu seinem Film «Ponte Morandi – Einsturz einer Brücke»:

«Weshalb ist die Ponte Morandi eingestürzt? Monatelang haben Vermutungen, Versprechungen und Dementis einander abgelöst.

Die Leute wollen die Wahrheit wissen und verlangen Gerechtigkeit, aber sie wissen nicht, ob es je soweit kommen wird.

Um der Sache auf den Grund gehen zu können, mussten wir zu Beginn unserer Dreharbeiten im Chaos der Medien, das von Anfang an alles überlagerte, einen Weg finden. Das ging nur dank monatelanger intensiver Kleinarbeit und mit unzähligen Kontakten.

Lara, Rita und Bruno sind drei Direktbetroffene, die sich entschlossen haben, im Film vom Drama zu erzählen, das sie am 14. August 2018 erlebten – sie, die Stadt Genua, ganz Italien und Europa.

Da ist etwa der Rettungsanitäter Bruno, ein gestandener Mann. Er ist seit 30 Jahren unterwegs, um Leben zu retten, und er hat unzählige Katastrophen erlebt. Aber auch ein halbes Jahr nach dem Brückeneinsturz kann er die Tränen nicht zurückhalten, wenn er von jenem Tag erzählt. «Das war einfach zuviel», sagt er. Er hatte gedacht, die Geschehnisse verarbeitet zu haben, und muss nun feststellen, dass er in seinem Inneren immer noch gezeichnet ist.

Lara, deren Mann bei der Tragödie ums Leben kam, haben wir während mehrerer Monate immer wieder getroffen. Drei ihrer vier Kinder verlassen heute das Haus nicht mehr, aus Angst, die Mutter könnte plötzlich nicht mehr zurückkommen.

Lara weiss, dass die Kinder vom psychiatrischen Dienst betreut werden müssten, aber sie schafft es schlicht nicht, diese dorthin zu bringen. Sie lebt am anderen Ende der Stadt und fühlt sich von allen verlassen.

Die Aussagen der Überlebenden, der Helfer und auch derer, die jetzt die Ursachen der Katastrophe ergründen wollen, machen den Film zu einem persönlichen und lebendigen Zeugnis, das die Katastrophe von verschiedenen Seiten beleuchtet. Und dadurch, dass wir es geschafft haben, zu den Protagonisten ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, konnten wir tief in die Geschichte eintauchen».

Probleme waren bekannt

Dazu kommt, dass ein Jahr vor dem Einsturz ein Gutachten der technischen Hochschule Mailand Probleme mit der Tragstruktur ausgemacht und den Einbau von Überwachungssensoren empfohlen hatte – was nicht geschah.

Erste Schäden an der Tragstruktur waren schon früher bemerkt worden. Daher wurden schon in den 90er Jahren die Kabel eines der drei Brückenpfeiler verstärkt.

Bei den anderen beiden Pfeilern wurde indessen nichts unternommen – und vergangenen Sommer stürzte einer von ihnen mitsamt der Brücke ein.

Für Lara Matta Altadonna ist das unverständlich. Ihr Mann war mit einem Lieferwagen unterwegs, als die Brücke einstürzte, und kam dabei ums Leben. Lara und ihre vier Kinder leiden noch heute am Trauma.

Der Dokfilm zum Thema:

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