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Die Schuldenfalle – Und wenn es mich trifft?
Aus DOK vom 13.09.2017.
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In der Schuldenfalle «Es muss weh tun»

Die meisten Verschuldeten geraten nicht aufgrund ihres lockeren Umgangs mit Geld in die Schuldenfalle. Häufig spielen Schicksalsschläge mit. Hinzu kommt: Wer einmal drinsteckt, hat es sehr schwer, aus den roten Zahlen herauszukommen. Denn die Schweiz geht hart mit Verschuldeten um.

Zur Person

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Dokumentarfilmer Marc Wolfensberger (*1971 in Lausanne) studierte in St. Gallen Wirtschaft und Soziologie. Er arbeitete als Reporter in Zentralasien und im Kaukasus, 2008 gründete er seine eigene Filmproduktionsfirma.

Ist es «leicht», sich in der Schweiz zu verschulden?

Viel «leichter», als man denkt! Nach wie vor herrscht der Eindruck vor, dass die Verschuldeten letztlich selbst schuld sind und aufgrund ihres losen Umgangs mit Geld in der Schuldenfalle landen. Doch wenn wir genau hinschauen, sehen wir, dass immer öfter «externe» Faktoren – Lebenskrisen, Schicksalsschläge wie Krankheit, Kündigung, Scheidung – den Ausschlag geben.

Wie stark sind Konsumkredite verantwortlich? Kredite, die auf den ersten Blick verlockend sind – insbesondere bei jungen Menschen?

Kleinkredite sind nicht die grösste Gefahr oder zumindest nicht der Hauptgrund für Überschuldung – auch bei den Jungen nicht. Ich weiss, die Antwort ist politisch nicht korrekt. Denn wäre es so, liesse sich das «Übel» eindeutig benennen.

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«Man fällt in ein grosses, schwarzes Loch»
Aus DOK vom 13.09.2017.
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Ein offenbar grosses Problem ist, dass bei der Berechnung des Existenzminimums der Steuerbestandteil nicht miteingerechnet wird.

Ja, das ist eine absurde Eigenheit unseres Landes. Seit fast zwanzig Jahren versuchen Parlamentarier aller Couleur, das Gesetz auf Bundesebene zu ändern. Aber nichts passiert. Das ist fest in den Köpfen verankert: Wer sich verschuldet, muss zahlen. Ist schuldig. Hat für seine «Dummheiten» geradezustehen, und es muss weh tun.

Warum gehen wir mit Verschuldeten so hart ins Gericht?

In der Schweiz ist das freie Unternehmertum sakrosankt. Nichts darf es behindern. Erleidet ein Unternehmer Verluste wegen Gläubigern, die nicht zahlen, muss ihm mit allen Mitteln geholfen werden, um an sein Geld zu kommen. Das ist Aufgabe der Betreibungsämter.

Philosophisch betrachtet lässt sich das natürlich auch verstehen. Das Problem besteht darin, dass das System nicht unterscheidet zwischen jenen, die «es darauf ankommen lassen» – und die aus der Sanktion allenfalls eine «Lehre» ziehen könnten – und den anderen. Es ist, als wolle man alle abstrafen, um ein Beispiel zu statuieren, als wolle man sie alle «brandmarken».

Die Inkassofirmen bereichern sich an der Not der Verschuldeten
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«Irgendwann brach meine Fassade zusammen»
Aus DOK vom 13.09.2017.
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Das Schweizer System erlaubt zudem – auch dies im Namen der unternehmerischen Freiheit – Akteuren wie Inkassobüros, die finanzielle Lage Überschuldeter massiv zu verschlechtern, indem sie Gebühren verlangen, die in keinem Verhältnis zur Grundforderung stehen.

Wenn Sie nicht innerhalb von 30 Tagen Beschwerde einlegen, schulden sie die Gebühren. Das ist schlicht und einfach skandalös! Die Inkassofirmen bereichern sich an der Not der Verschuldeten. Im Moment ist sogar eine Initiative im Parlament hängig, die die Macht der Inkassofirmen weiter ausbauen will.

«DOK» am Mittwoch

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«Die Schuldenfalle – Und wenn es mich trifft?», Mittwoch, 13. September 2017, SRF1, 22:55 Uhr.

Wie geht es Ihren Protagonisten heute? Sind sie schuldenfrei?

Von den sechs im Film Porträtierten ist die Hälfte heute schuldenfrei. Rita, die schweizerisch-brasilianische Doppelbürgerin, hatte über 90'000 Franken Schulden. Letzten Dezember hat sie die Schuld komplett beglichen, nach 15 harten Jahren.

Auch die Bäckerin Elodie und die Studentin Clémence, deren Mutter die Krankenkassenprämien nicht bezahlt hatte, haben die Kurve gekriegt.

Die anderen stottern noch ab. Aber eines Tages werden sie es sicher alle «geschafft» haben. Die Frage ist, zu welchem Preis?

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