Wenn um Punkt 14 Uhr die Türen der Bernerexpo aufgehen, sieht es aus, als würden 2000 Menschen in den Festivalurlaub starten. Nur tragen sie keine Zelte oder Bierdosen, sondern Tower-PCs, Curved-Monitore, mechanische Tastaturen, Gaming-Stühle und Schlafsäcke. Willkommen an einer der grössten LAN-Partys Europas!
Für mich, Michèle Rüedi, Reporterin bei SRF, war Gamen bislang eher ein stilles Vergnügen: gemütlich zu Hause auf dem Sofa, meist allein. Diese Welt hier an der LAN ist eine andere: lauter, greller, kollektiver.
Für meine Reportage tauche ich tief ein in die Szene. Schon beim Betreten der Halle spüre ich, wie stark das Gemeinschaftsgefühl ist: Menschen fallen sich in die Arme, begrüssen sich wie alte Schulfreundinnen und Schulfreunde. Einige sehen sich zum ersten Mal «in echt», obwohl sie online schon seit Jahren zusammenspielen.
Ich treffe mich mit Adrian Gerber, Melanie Kreis und Nadine Leimbacher. Sie sind ein eingespieltes Trio, das sich durchs Zocken gefunden hat. Adrian und Melanie sind ein Paar, verkuppelt wurden sie von Nadine. «Ohne Gaming hätten wir uns vielleicht nie kennengelernt», scherzen Adrian und Nadine.
Das Trio an der SwitzerLAN
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Bild 1 von 2. Für Melanie Kreis und Adrian Gerber ist die SwitzerLAN der Höhepunkt des Jahres. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 2. Nadine lernte Adrian vor 10 Jahren an dieser LAN-Party kennen. Melanie kennt sie von der Schule. Bildquelle: SRF.
Die drei schleppen ihre Ausrüstung durch die Halle. Jeder Platz ist mit Steckdosen, Netzanschluss und Snacks ausgestattet. Adrian mietet sich ein komplettes Gaming-Setup direkt vor Ort. Inklusive Stuhl. Er hatte keine Lust sein Set-Up zu Hause abzubauen.
Ich spreche mit anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Leute zeigen mir stolz ihre selbstgebauten PCs, erzählen von ihren Lieblingsspielen, schwärmen vom LAN-Gefühl.
Die Schlafhalle, zwei Stockwerke über dem Gaming-Bereich, erinnert an ein Notlager. Matten, Decken, Schlafsäcke, verteilt auf dem Boden. Die besten Plätze an den Wänden sind schon weg. Nadine, Melanie und Adrian müssen in der Mitte schlafen.
Was mich überrascht: Am ersten Abend wird kaum gezockt. Es gibt Vorträge, Konzerte, eine Bar und eine Kopfhörer-Disco! Später nimmt Adrian an einem GeoGuessr-Turnier teil. Früher war der 36-jährige Berner E-Sportler, heute coacht er ein Team. An Events wie der SwitzerLAN versammelt sich fast sein ganzer Freundeskreis.
Um 22 Uhr wird das grelle Hallenlicht abgeschaltet. Nur noch violette Spots und das flackernde Leuchten von tausenden Screens tauchen die Halle in eine surreale, futuristische Stimmung. Konzentrierte Gesichter, fliegende Finger, das Summen der Lüfter. Immer wieder brandet Applaus auf. Adrian erklärt: «Manchmal gewinnt jemand ein Spiel. Oder jemand zieht aus Versehen den Stromstecker einer ganzen Reihe. Man klatscht einfach mit.»
Das richtige LAN-Feeling
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Bild 1 von 4. «Sobald das grelle Hallenlicht ausgeht, beginnt das richtige LAN-Feeling», erklärt Melanie. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 4. Sobald alle eingerichtet sind und sich begrüsst haben, beginnt das Gaming-Erlebnis: 72 Stunden zocken. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 4. Viele an der SwitzerLAN bringen ihre selbst umgebauten und designten Tower-PCs mit. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 4. Aber: Hier wird nicht nur am Computer gespielt. Bildquelle: SRF.
Nadine spielt Apex Legends, vernetzt mit Freundinnen und Freunden über ihr Headset. Durchs Gamen lernt sie auch immer wieder neue Leute kennen.
Mein Fazit: Hier zählt das Miteinander. Ich bin überzeugt: Wer will, findet an der SwitzerLAN Anschluss … und zwar echt schnell. Ich jedenfalls komme wieder. Vielleicht nächstes Mal nicht als Reporterin, sondern einfach als Gamerin.