«Jeder Zweite schaut es sich an. Wieso aber werde ich angefeindet?» Diese Frage stellt sich Porno-Darstellerin Lena Nitro, die seit 15 Jahren in der Branche tätig ist.
Sie fordert mehr Offenheit und Akzeptanz für sich und ihre Kolleginnen und Kollegen. Immerhin zahle sie Steuern und handle nicht illegal. Dennoch sieht sie sich mit zahlreichen Vorurteilen konfrontiert.
Ein gängiges Missverständnis bestehe darin zu glauben, dass niemand freiwillig im Porno-Business tätig sei.
Von vielen Feministinnen werde sie für das Frauenbild gehasst, das sie als Porno-Darstellerin vermittle. Aber sie mache das, was sie liebe. Und das sei auch feministisch, ist Lena Nitro überzeugt.
Porno-Produktion auf Sparflamme
Die Porno-Darstellerin Lena Nitro dreht Filme, die teilweise aufwendig produziert sind. Dafür reist die Deutsche auch ins Ausland. In Spanien, Dänemark oder Slowenien hat sie schon gedreht.
Doch heutzutage werden Amateurvideos immer beliebter. Alles, was man dafür benötigt, ist ein Smartphone und eine Internetplattform. Zum Beispiel Onlyfans.
Lyviane ist eine von rund drei Millionen Onlyfans-Models, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen. Zuvor arbeitete die Aargauerin als Büroangestellte. Darin fand sie jedoch nie wirkliche Erfüllung.
Sie träumte stattdessen von Selbstständigkeit und Unabhängigkeit. Durch ihre Nachbarin inspiriert, entschied sie sich, mit Erotik Geld zu verdienen. Sie registrierte sich bei Onlyfans und legte los.
Für meinen Umsatz muss ich sehr kämpfen.
Die meisten Fotos und Videos produziert sie zu Hause im Wohnzimmer. Dafür zieht Lyviane reizvolle Dessous an und posiert mit Sexspielzeug vor ihrem Handy. Solche eher «harmlosen» Fotos und Videos lädt sie auf die Plattform hoch.
Auf diese Weise versucht sie, Kunden anzulocken. Sie sagt: «Das Business beginnt zu laufen, wenn der Kunde ‹spitz› ist.» Hat jemand angebissen, chattet sie mit der Person und versucht, weitere Fotos und Videos zu verkaufen. Denn für mehr Geld erhalten die Kunden pornografischere Inhalte.
Die Plattform Onlyfans erlebt derzeit einen Hype. Sie hat den Ruf, dass man schnell viel Geld verdienen kann – und das erst noch selbstständig.
Die Realität hingegen sieht für Lyviane anders aus: Tag für Tag verbringt sie bis zu 14 Stunden online, um halbwegs über die Runden zu kommen. «Für meinen Umsatz muss ich sehr kämpfen», erklärt sie.
Nicht alles, was glänzt, ist Gold
Dort, wo schnelles Geld winkt, lauern auch Betrüger. Lyviane erlebte dies am eigenen Leib, als sie mit einer sogenannten Onlyfans-Agentur zusammenarbeitete. Diese versprach ihr eine Steigerung ihrer Online-Präsenz und finanziellen Erfolg.
Laut Lyviane nahm die Agentur ihr auch Arbeit ab und chattete in ihrem Namen mit den Abonnenten. Alles klang vielversprechend, doch statt fairer Gewinnteilung habe die Agentur überrissene Provisionen kassiert und teilweise sogar die Kontrolle über Lyvianes Account genommen. Die Aargauerin hat daraus gelernt, mit klarem Fazit: «Onlyfans-Agenturen sind Mist.»
Porno-Legende Rocco Siffredi trauert alten Zeiten nach
In den 1990er-Jahren präsentierte sich die Welt der Pornografie in einem anderen Licht. Zu dieser Zeit war es gängig, Pornofilme auf VHS-Kassetten anzusehen. Ein Star der Industrie schon damals: Rocco Siffredi.
Der heute 59-Jährige, der in mehr als tausend Pornofilmen mitgewirkt hat, schwelgt in Erinnerungen: «Damals war alles echt und schön. Heute gleicht es eher einer Fabrik. Es geht nur noch ums Geld und wie ich am schnellsten berühmt werde.»
Rocco Siffredi ist eine Legende des Pornofilms. Soeben wurde sein Schaffen von «Netflix» in einer Serie verewigt. Heute ist er immer noch aktiv, aber hinter der Kamera. Mit seinen beiden Söhnen habe er immer offen und ehrlich über seinen Beruf gesprochen. Sie sollen «normal» aufwachsen, wie er sagt.
Lena Nitro, deutsche Porno-Darstellerin, betont, wie wichtig es sei, offen über Pornografie zu sprechen. Auch mit den eigenen Kindern. Sie fordert Eltern auf, sich dieser Verantwortung zu stellen. «Sie sprechen ja auch über Themen wie Verhütung.»
Studien zeigen, dass Kinder bereits im Alter von zwölf Jahren erstmals mit Pornografie in Kontakt kommen. Angesichts der Unmöglichkeit, sie vollständig vom Internet fernzuhalten, ist ein offener Dialog über dieses Thema von entscheidender Bedeutung.
Reporterin Mona Vetsch besucht einen Porno-Dreh
In welchem Masse Pornografie unsere Sexualität beeinflusst, darüber sind sich Wissenschaftler nicht einig. Björn Lüpke, Lebens- und Geschäftspartner von Lena Nitro, unterstreicht, wie wichtig es sei, den Glauben loszulassen, dass alles, was in Pornos gezeigt werde, der Realität entspreche. Er zieht einen Vergleich zu Hollywood-Filmen: «Es werden Fantasien verkauft. Superman kann auch nicht fliegen.»
Trotz ihrer Liebe zum Beruf plant Lena Nitro, einen neuen Weg einzuschlagen, insbesondere da sie bereits 36 Jahre alt ist. Sie hat den Wunsch, Mutter zu werden und schätze ein «konservatives» Leben. Dennoch möchte sie der Branche in einer Form treu bleiben, da sie betont: «Es ist nicht nur ein Lifestyle, es ist mein Leben.»