Wie kam es zu diesem Film?
Die Idee zum Film entsprang einem persönlichen Interesse. Ich hatte eine Tante mit Down-Syndrom. Die grösste Sorge meiner Grossmutter war stets, was mit ihrer Tochter geschehen würde, wenn sie einmal nicht mehr lebte. Meine Grossmutter dachte nicht, dass meine Tante ein hohes Alter erreichen würde und ging davon aus, dass sie immer für sie da sein könne.
Mir wurde plötzlich klar, dass sich etwas verändert hatte: die Lebenserwartung von Menschen mit Down-Syndrom. Als meine Tante zur Welt kam, lag ihre bei 25 Jahren. Heute liegt die Lebenserwartung von Menschen mit Down-Syndrom bei 60 Jahren. Doch in der Gesellschaft gibt es wenig Einrichtungen für erwachsene Menschen mit Down-Syndrom. Die öffentlichen Institutionen in Chile erlauben es ihnen nur, bis 25 zur Schule zu gehen. Danach bleiben viele isoliert zu Hause.
Ich begann zu recherchieren, welche Art von Institutionen es gibt, die Betreuung von Erwachsenen mit Down-Syndrom anbieten. So habe ich die Protagonisten für diese Geschichte gefunden. Sie waren auch die Einzigen, die schon ihr halbes Leben miteinander befreundet sind.
Wie gestalteten sich die Recherche und die Filmaufnahmen?
Die Recherche verlief in mehreren Stadien. Zuerst habe ich viel über das Thema gelesen, dann habe ich in allen Institutionen nach Protagonisten gesucht. Nachdem wir den richtigen Ort gefunden hatten, begleiteten wir sie während eines Jahres.
Die Realität verläuft zyklisch und ich war sicher, dass alles, was ich während unserer Recherche-Phase beobachtete, sich auf eine ähnliche Weise wiederholen würde, wenn wir dann filmen.
Wir mussten während des Drehs nur geduldig sein, bis das geschah, was wir unbedingt im Film zeigen wollten. Die grosse Herausforderung dabei war, dass wir unsichtbar blieben, aber trotzdem Teil dieser Welt wurden. Die einjährigen Dreharbeiten waren sehr intensiv.
Was möchten Sie mit Ihrem Film bewirken?
Dieser Film könnte für Eltern von Kindern mit Down-Syndrom einen Beitrag leisten. Sie können darüber nachdenken, wie sie ihre Kinder erziehen möchten – und auch, wie sie für sie im Alter vorsorgen möchten.
Ausserdem wirft mein Film auch soziale Fragen auf, die uns alle betreffen. Was geschieht mit Erwachsenen mit intellektueller Beeinträchtigung? Wir sprechen immer von den Kindern aber nie von den Erwachsenen.
In Chile sieht das Gesetz vor, dass sie nur einen symbolischen Lohn für ihre Arbeit bekommen – selbst wenn sie dieselbe Arbeit verrichten wie Menschen ohne Behinderung. Das ist doch ungeheuerlich, und es betrifft uns alle.
Was war die grösste Herausforderung?
Meine grösste Herausforderung war, meine Vorstellung von Menschen mit Down-Syndrom über Bord zu werfen. So, dass das Publikum irgendwann vergisst, dass diese Menschen eine Behinderung haben und sich einfach mit ihren Wünschen und Bedürfnissen identifiziert. Das Publikum soll lachen und emotional werden und somit die Lücke schliessen zwischen den Behinderten und uns.