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Männerdomäne Bergführertum Pionierinnen in der Felswand

Bis Anfang 1980er Jahre verweigerte der Bergführerverband Frauen die Ausbildung. Auch heute noch sind sie rar in diesem Beruf. Wir haben drei Bergführerinnen begleitet, die sich in dieser Männerwelt behaupten.

Ariane Stäubli tritt zur Abschlussprüfung der Bergführerausbildung an. Sie führt Gäste durch Gletscherlabyrinthe, klettert mächtige Felswände hoch, stösst an Leistungsgrenzen und wächst über diese hinaus.

Sie ist eine der wenigen Frauen, die sich in die mehrjährige Ausbildung begeben hat. Denn Frauen sind beim Bergführen bis heute rar: Auf 1300 Bergführer kommen in den Schweizer Alpen nur 38 Frauen.

Ich wollte tun, was eine Frau angeblich nicht tut.
Autor: Ariane Stäubli Bergführerin

Doch Ariane Stäubli schert sich nicht darum, in Männerwelten unterwegs zu sein. Von gesellschaftlichen Konventionen hat sie sich nie einengen lassen. «Ich wollte oft gerade aus Trotz das tun, was eine Frau angeblich nicht tut», sagt sie. Auch in ihrem ersten Beruf als Umweltingenieurin arbeitet sie meist mit Männern.

Als einzige Frau in der RS der Gebirgsspezialisten

Die junge Nadja Roth träumt davon, Bergführerin zu werden. Sie ist – wie alle anderen Ausbildungsanwärter – bereits eine leidenschaftliche Alpinistin.

Um alpintechnisch noch mehr Routine zu sammeln, entschied sie sich zu einem Schritt, bei dem manche ihrer Freunde und Kolleginnen den Kopf schüttelten. Sie ist freiwillig als einzige Frau in die Rekrutenschule der Gebirgsspezialisten eingetreten. Jetzt steht sie morgens vor der Kaserne in Andermatt stramm.

Wenn du einen Fehler machst, dann wird er garantiert gesehen.
Autor: Nadja Roth Rekrutin

Dort hangelt sie sich Seile hoch und kämpft sich mit ihrem Trupp durch den Schneesturm. Physisch vermag sie locker mitzuhalten und mit einigen Kumpels versteht sie sich gut. Dennoch ist die RS für sie eine einsame Zeit. Sie fühlt sich als einzige Frau immer wieder exponiert. «Wenn du einen Fehler machst, dann wird er garantiert gesehen.»

Ein fester Platz in der Bergführerzunft

Annina Reber indes muss niemandem mehr etwas beweisen: Die Mutter von zwei Töchtern arbeitet seit über zehn Jahren als Bergführerin. Mit Talent, Kraft und Ausdauer hat sie sich ihren Platz in der Bergführerei geschaffen und führt Privatgäste auf deren Traumgipfel.

Das Bergsteigen ist eine Traumwelt.
Autor: Annina Reber Bergführerin

Dabei wurde das Bergsteigen für sie nie zur reinen Routine. «Es ist jedes Mal so, als würde man aus dem Alltag hinaustreten», sagt sie. «Das Bergsteigen ist eine Traumwelt.»

Die Hausarbeit teilt sie sich mit ihrem Partner gleichwertig auf. Sie beide arbeiten in Teilzeitpensen. Was selbst im urbanen Zürich bis heute aussergewöhnlich zu sein scheint. Nachbarn würden sich oft über ihre Rollenaufteilung wundern. «Manche fragen sogar, ob er arbeitslos sei und deshalb mit den Kindern daheim bleibe.»

Bergsteigerinnen in den Alpen

Nadja Roth als Gebirgsspezialistin
Legende: Früher durfte nur, wer Militärdienst geleistet hatte, die Ausbildung zum Bergführerberuf beginnen. SRF

Vor 40 Jahren noch versperrten institutionelle Schranken den Frauen den Weg am Berg. Der Schweizer Bergführerverband (SBV) bildete keine Frauen aus mit dem Argument, Bergführer müssten militärdienstpflichtig sein.

Und im Schweizer Alpen-Club SAC durften Frauen nicht Mitglied werden. Dies hat sich Anfang der 1980-er Jahre geändert. Seither sind Frauen sowohl im SAC wie im SBV willkommen. Eine Instruktorin oder Prüfungsexpertin gab es in der hiesigen Bergführerausbildung jedoch bis heute noch nie. Und so bleiben die Schweizer Bergführerinnen in ihrem Berufsfeld das, was Frauen im Alpinismus lange Zeit waren: Pionierinnen.

Die Bergführerausbildung

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Annina am Berg mit Gästen
Legende: SRF

Der Schweizer Bergführerverband (SBV) bietet die Ausbildung zum Bergführer und zur Bergführerin mit eidgenössischem Fachausweis an. Die Ausbildung ist modular aufgebaut und wird berufsbegleitend absolviert.

Im ersten Jahr nehmen die sogenannten «Bergführeraspiranten» an acht Modulen teil, die bis zu zwei Wochen lang sind. Um in die Ausbildung einzutreten, wird bereits ein hohes Mass an alpintechnischem Können sowie jahrelange Erfahrung als Bergsteiger oder Bergsteigerin vorausgesetzt.

Im zweiten Jahr führen die angehenden Berufsleute mindestens 30 Pflichttouren unter Aufsicht von mindestens fünf unterschiedlichen Bergführern oder Bergführerinnen und besuchen weitere Module.

Im dritten Jahr folgen weitere Ausbildungswochen. Während der gesamten Ausbildung werden die Aspirierenden in allen Bergsportdisziplinen ausgebildet und laufend evaluiert und geprüft. Abgeschlossen wird die Berufsausbildung mit den beiden grossen Schlussprüfungen in den Bereichen «Skibergsteigen» und «Sommerbergsteigen».

Weitere Informationen: www.4000plus.ch

Der Dokfilm zum Thema:

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