Als eine nach der anderen in den Reisebus von Rösli (65) und Heidi (70) einsteigen, nehme ich sie als Generation meiner Eltern wahr. Etwas angegraut, nicht mehr so gut zu Fuss und eher zurückhaltend unserer Kamera gegenüber.
Im Laufe der Reise finden wir heraus, dass die 19 Frauen und der eine Mann zusammen 1488 Lebensjahre zählen, insgesamt 76 Nachfahren haben und täglich 64 Tabletten einnehmen müssen. Und dass man über jede und jeden von ihnen einen Film drehen könnte.
Dem Alter ein Schnippchen schlagen
Heidi (70) weiss, was Leute in ihrem Alter und noch älter brauchen oder eben nicht. Sie hilft, wo sie es sinnvoll findet und schimpft, wenn es angebracht ist. Die ehemalige Hebamme ist für den Service im Bus zuständig. Meistens versprüht sie gute Laune und Zuversicht. Aber sie kann auch streng sein und auch 90-Jährige in ihre Schranken weisen, wenn diese sich vordrängeln. «Fast auf jeder Reise haben wir Stürze und oft müssen wir ins Spital mit Gästen». Manchmal reicht es aber, wenn sie das Blutdruckgerät zückt und Notfalltropfen verabreicht.
Wenn der Bus in Verzug gerät, sei es wegen eines falsch parkierten Autos, dann rennt Heidi Furrer schon auch mal mit leuchtend gelber Weste auf die Strasse und regelt den Verkehr gleich selbst. «Wir müssen doch pünktlich beim Mittagessen sein», lacht sie.
Geschichten , die das Leben schreibt
Täglich fahren sie rund 400 Kilometer quer durch Frankreich, und da gibt es viele Stunden, um Lebensgeschichten zu lauschen. Heidi kennt die meisten davon Zum Beispiel die Geschichte der 75-jährigen Zwillinge, die zeitlebens das Schlafzimmer geteilt haben und finden, sie hätten es besser als manches Ehepaar. Oder die der alleinerziehenden Mutter, die es geschafft hat, den Alkohol zu bezwingen und erst jetzt, mit 85 Jahren das Leben geniessen kann.
Rührend auch die Geschichte des einzigen Paars im Bus. Es hat daheim 12 Enkel und Urenkel und findet, Busreisen würden eigentlich nur alte Leute machen aber sie doch nicht. Und doch geniessen sie diese Reise und finden nach schwierigen Jahren, die durch die Krankheit der Frau belastet waren, fast wieder ein bisschen neu zusammen. «Ich sage Beatrice jeden Tag mindestens zweimal, dass ich sie liebe», gesteht Nando, der Ehemann.
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Bild 1 von 7Legende: Seit vielen Jahren ein eingespieltes Team: Rösli Dönni und Heidi Furrer SRF
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Bild 2 von 7Legende: Vorturnen im Bus SRF
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Bild 3 von 7Legende: Die meisten Reisenden sind Frauen SRF
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Bild 4 von 7Legende: Heidi Furrer hat das Blutdruckgerät immer griffbereit SRF
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Bild 5 von 7Legende: Heidi Furrer im Einsatz für einen reibungslosen Ablauf SRF
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Bild 6 von 7Legende: Rösli Dönni fährt seit 30 Jahren unfallfrei SRF
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Bild 7 von 7Legende: Gruss für den vorbeifahrenden Chauffeur: Heidi Rösli am Steuer SRF