Sie wolle ihr Projekt überschaubar halten, erklärte mir Corinne Itten, als sie das erste Mal über ihr Engagement im südlichen Afrika erzählte. Primär geht es der Berner Architektin um die Erhaltung eines Stücks unberührter Kalahari-Wüste im südwestlichen Botswana. Dafür muss sie mit Leuten aus einem nach unseren Massstäben unterentwickelten kleinen Dorf zusammenarbeiten.
Die Bernerin will dem Dorf Zutshwa durch ein nachhaltiges Tourismusprojekt Geld in die Kasse spülen. So können die Dorfbewohner davon profitieren, dass sie ihre eigenen Naturressourcen schützen.
Ein solches Vorhaben machte mich neugierig: Wie funktioniert Entwicklungshilfe eigentlich im ganz Konkreten? Und wo lauern die Gefahren, damit ein gut durchdachter Plan nicht früher oder später scheitert?
Corinnes Projekt folgt einem modernen Trend: Im Naturschutz wird vermehrt ganz gezielt mit denjenigen Menschen zusammengearbeitet, die von den schützenswerten Natur-Ressourcen unmittelbar wirtschaftlich abhängig sind. Als ich die Bernerin zum ersten Mal nach Botswana begleite, beschäftigt mich vor allem ein Gedanke: Liegen zwischen den «Zurück-zur-Natur-Visionen» einer europäischen Naturschützerin und den Vorstellungen mittelloser Buschbewohner nicht unüberbrückbare Welten? Oder anders gefragt: Wie kann man Tausende von Kilometern fliegen und dann den Einheimischen die Bedeutung von Nachhaltigkeit ans Herz legen?
Entwicklungshilfe sieht lächerlich aus
Im Verlauf der Dreharbeiten wird mir immer klarer: Konkrete Entwicklungszusammenarbeit sieht oft lächerlich aus. Ich glaube, dass auch viele andere Projekte auf den ersten Blick ziemlich grotesk erscheinen würden, solange man von Aussen darauf schaut. Schon die Kommunikation zwischen Einheimischen und ihren «Unterstützern» wirkt oft so holprig, dass man denkt, es sei alles aufgesetzt. Komplexe Zusammenhänge – gerade auch innerhalb einer Dorfgemeinschaft – erschliessen sich erst indirekt.
Auch gibt es natürlich auf beiden Seiten jede Menge Vorurteile. Eine weisse Schweizerin, die im Geländewagen aufkreuzt, ist für die Einheimischen zunächst einmal jemand, der alles besitzt – im Gegensatz zu ihnen, die nichts haben. Da ist das Interesse, über ein noch wenig konkretes Naturschutzprojekt zu diskutieren, denkbar fern. Und auch die Angst, dass weisse Eindringlinge ihr Dorf oder ihr Land nur ausbeuten wollen, sitzt tief.
Geduld braucht es von beiden Seiten
Vertrauen aufbauen steht also an erster Stelle. Und alles braucht Zeit – eine Tatsache, die Operationspläne grosser Hilfsorganisationen vielfach nicht berücksichtigen. Deshalb können kleine Teams oft flexibler reagieren.
Am Ende unserer Dreharbeiten scheint die Vertrauensbasis im Dorf stabilisiert. Auf dem Weg zum funktionierenden Tourismus-Projekt zeigen sich aber bereits neue Hürden. Es gilt zahlreiche bürokratische Hindernisse auf behördlicher Ebene zu überwinden, um die Erlaubnis zu bekommen, ein «Joint-Venture» mit dem Dorf tatsächlich in die Praxis umzusetzen. Haben die Bewohner von Zutshwa genügend Geduld dafür oder sind ihre Erwartungen nicht mittlerweile zu hoch?
Für mich bleibt die Erkenntnis: Auch in einem abgelegenen afrikanischen Dorf sind die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse so komplex, dass sich die Frage nach Sinn oder Unsinn einer Zusammenarbeit nicht mit einem pauschalen Ja oder Nein beantworten lässt.