Die Zeichen mehren sich, dass Fischotter wieder in der Schweiz heimisch werden. Die Spuren der letzten Otter hatte man vor 30 Jahren am Ufer des Neuenburger Sees gefunden. In einem stillen Drama war der einst häufige Fischjäger in wenigen Jahrzehnten aus den Gewässern von Mitteleuropa verschwunden. Als Hauptgrund wurden Umweltgifte aus der Klasse der sogenannten PCBs (Polychlorierte Biphenyle) vermutet, die seit den 1930er-Jahren in grossem Stil in Elektrotransformatoren, Farben und Dichtungsmassen zum Einsatz kamen. PCBs schienen schwer entflammbar und galten als wenig giftig - ein grosser Irrtum.
Der fatale Irrtum
Tatsächlich sind sie in der Natur äusserst schwer abbaubar, und wenn sie sich im Körperfett von Organismen anreichern, wirken sie wie Hormone, stören die Fortpflanzung und können Krebs erregen. Fischotter reagieren besonders empfindlich auf PCBs. Und weil auch die Fische nicht mehr so reichlich wie früher vorhanden waren, hatten die Fischotter zu wenig Nachwuchs, um als Population zu überleben. 1990 galten sie in der Schweiz als ausgestorben.
Nach dem weltweiten Verbot der PCBs nehmen sie in der Umwelt langsam ab. Eine PCB-Analyse, die «NETZ NATUR» gemeinsam mit den Behörden des Kantons Graubünden an Forellen durchführen liess, zeigte, dass rund die Hälfte der Fische aus 10 Flüssen des Kantons für Fischotter nicht mehr giftig wären. Zwar sind die PCBs immer noch weit verbreitet – bei einigen Proben immer noch in bedenklicher Konzentration – aber insgesamt nimmt die Belastung doch ab.
Vorsichtiger Optimismus
Gleichzeitig haben sich in der Nähe von Bern Fischotter angesiedelt, bei denen in den letzten drei Jahren Jungtiere nachgewiesen wurden. Vier Berner Naturfreunde und Biologen dokumentierten die jungen Fischotter mit automatischen Videofallen in enger Zusammenarbeit mit «NETZ NATUR». Einige dieser spektakulären Aufnahmen zeigen wir in der Sendung sowie in weiteren Sequenzen auf dieser Seite.
Im grenznahen Ausland fanden Fischotter in vielen Fischzuchtanlagen weit bessere Ernährungsbedingungen als in der Schweiz, wo sie auf die Fischbestände in natürlichen Gewässern angewiesen sind. Da solche Zuchtfische oft mit weniger Giftstoffen belastet sind als wilde Forellen, der Hauptnahrung der Otter in vielen Schweizer Gewässern, konnten sich in den letzten Jahren um diese Fischzuchten im Ausland dynamische Fischotterpopulationen aufbauen. Vor allem in Frankreich, in Österreich und in Bayern, aber auch in Italien, wo vor kurzem am Fluss Ticino nach dem Ausfluss aus dem Lago Maggiore verschiedene Tiere nachgewiesen wurden.
Wanderungen bis zu uns
Jungtiere aus diesen Vorkommen wandern aus der Heimat ab und können – immer den Flüssen entlang – grosse Distanzen zurücklegen. So gelangen einzelne Otter immer häufiger in die Schweiz. Sie tauchten inzwischen in Graubünden, im Tessin, im Wallis und bei Genf auf. Es bleibt abzuwarten, ob sie sich auch an anderen Orten als bei Bern finden und fortpflanzen werden und so nach und nach unsere Gewässer wieder besiedeln. Ob ihnen die Schweizer Fischbestände genügend Nahrung liefern und ob ihnen nicht neue Giftstoffe in den Gewässern wieder zum Verhängnis werden, wird die Zukunft zeigen.