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SRF DOK Natur macht Sinn

Kinder fragen sehr direkt: Warum hat der Hirsch ein Geweih? Warum hat die Haselnuss ein Loch? Warum ist dieser Schmetterling gelb? Die Antworten sind zwar verblüffend einfach, aber alles andere als banal.

Am Anfang eines Sendungskonzeptes von «NETZ NATUR» steht der Titel. Die inhaltliche Idee war, in einer Sendung zu zeigen, wie gut in der Natur Tiere und Pflanzen zusammen passen, voneinander abhängig sind oder einander ergänzen. Oder wie es einmal war, bevor der Mensch in die Natur eingriff und die natürlichen Lebensgemeinschaften störte. Der Titel war so schnell gefunden: Der Sinn des Lebens . Ein Thema, das sich in der Natur leichtfüssig verfolgen lässt. Nur Menschen tun sich mitunter schwer damit – und verfallen nicht selten in die Depression, wenn sie den Sinn des Seins nicht erkennen.

Das Eichhörnchen vergräbt seine Nüsse als Wintervorrat. Die Nüsse, die es vergisst, treiben im nächsten Frühjahr aus
Legende: Das Eichhörnchen vergräbt seine Nüsse als Wintervorrat. Die Nüsse, die es vergisst, treiben im nächsten Frühjahr aus SRF

Das Geheimnis der Haselnuss

Die Haselnuss ist Ausgangspunkt für eine Entdeckungsreise: Schon dass sie gewachsen ist, wo ihr Busch steht, hat seine Geschichte. Ein Eichhörnchen hatte im Spätsommer Haselnüsse als Wintervorrat im Boden vergraben und dann vergessen. Daraus spross ein prächtiger Busch, der mit seinen Nüssen seinerseits die nächsten Generationen von Eichhörnchen, Mäusen oder Vögeln ernährte. Für den Busch macht es Sinn, dass es Eichhörnchen gibt und für die putzigen Nager ebenso, dass Haselsträucher wachsen. Es macht auch Sinn, dass der Haselstrauch sehr früh im Jahr blüht, bevor seine Blätter austreiben. Weil nämlich seine mikroskopischen Pollen vom Wind von einer zur nächsten Pflanze weiter verbreitet werden, wäre ein dichter grüner Blättervorhang für den Pollenflug hinderlich – die Befruchtung anderer Haselstauden und damit die Bildung von Nüssen wäre in Gefahr.

Mit seinem riesigen Geweih kämpft der Rothirsch um die Gunst der Damen und hält Angreifer auf Distanz
Legende: Mit seinem riesigen Geweih kämpft der Rothirsch um die Gunst der Damen und hält Angreifer auf Distanz SRF

Waffe, nicht Schmuck

Der auffällige Kopfschmuck unserer Hirsche bedeutet eine unglaubliche, körperliche Leistung. In Rekordzeit, über 5 Monate, bauen sie jedes Jahr auf dem Kopf bis zu 15 Kilo Knochensubstanz neu auf – das Geweih. Dieses dient dann als Imponierobjekt und als Kampfwaffe gegen Rivalen während der Paarungszeit im Herbst. Im darauffolgenden Winter können sich damit schwere Hirsche, die im hohen Schnee wenig beweglich sind, mit dem Geweih effizient gegen natürlichen Feinde wehren: Gegen Wölfe. Wenn im Frühjahr der Schnee schmilzt und die Hirsche wieder beweglicher werden, brauchen sie auch ihre Waffen nicht mehr. Sie fallen ab und werden bis in den nächsten Spätsommer wieder neu gebildet.

Ein Zitronenfalter-Weibchen bei der Eiablage
Legende: Ein Zitronenfalter-Weibchen bei der Eiablage SRF

Schmetterling mit Frostschutz

Der knallgelbe Zitronenfalter, einer der ersten Schmetterlinge, die im Frühjahr fliegen, überwintert als fertiges Insekt. Nicht als Ei, Larve oder Puppe, wie so viele andere Insekten. Und er verkriecht sich auch nicht in einem frostsicheren Winterversteck wie andere. Er hängt sich einfach als Schmetterling zwischen immergrünes Laub von Efeu oder Stechpalmen und verharrt regungslos, bis ihn die Sonnenwärme wieder zum Leben erweckt. Er widersteht frei sitzend Wintertemperaturen von bis gegen minus 20 Grad und lässt sich sogar mitunter von Schnee und Eiskristallen überziehen. Das schafft er nur, weil in seiner Körperflüssigkeit ein Frostschutz enthalten ist, der aus Glyzerin, Sorbitol und Eiweissen besteht. So friert er selbst bei tiefen Temperaturen nicht ein. Im Frühling, an den ersten warmen Tagen, fliegt er los und paart sich, bevor das Gros der Zugvögel aus dem Süden zurückgekehrt ist und hier seine Jungen aufzieht – mit einem hohen Bedarf an Insekten als Nahrung. Der Zitronenfalter fliegt dann nicht mehr. Die Falter sterben in den Monaten nach der Fortpflanzung nach und nach. Ihre einzelnen Raupen aber entgehen als nächste Generation auf ganz bestimmten Pflanzen gut getarnt den meisten hungrigen Vogelschnäbeln.

Alles zu seiner Zeit

Wenn die Raupen sich verpuppen und im Hochsommer schliesslich zu Faltern werden, machen diese sofort reglos eine Sommerpause und brauchen so keine Nahrung. Das ist wiederum sinnvoll, denn die meisten Pflanzen sind im Sommer verblüht und bieten keinen Nektar mehr. Erst wenn die gefährlichen Zugvögel, die Insekten fressen, in den Süden abziehen, fliegt der gelbe Falter wieder durch den Herbst, bis er sich im Efeu zur erstaunlichen Überwinterung einrichtet.

Was lehren Zitronenfalter, Hirschgeweihe oder geknackte Haselnüsse? Dass sich in der Natur die Frage nach dem Sinn, weshalb ein Lebewesen so ist, wie es ist, recht einfach beantworten lässt: Man muss nur in der Natur lesen, was sie dem enthüllt, der genau hinschaut.

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