«Nicht ich bin wichtig, sondern meine Patienten.» Diesen Satz habe ich oft von Männern und Frauen aus der Sterbebegleitung gehört. Und wenn ich Patienten gebeten habe, mit ihnen zu filmen, dann gab es schon mal die Vermutung, das werde bestimmt ein «voyeuristischer Film». Verständlich. Nichts ist intimer als das Sterben eines Menschen.
Von der Idee über die Recherche bis zur Fertigstellung sollte es dann ein Jahr dauern, diesen «Reporter» zu machen.
Die Dreherlaubnis steht und fällt mit Jäggi
Aber anfangs hatte ich erst mal nur einen Tag. Das Hospiz Aargau erlaubte mir, ihren Sterbebegleiter Stefan Jäggi mit der Kamera zu begleiten. Sollte er sich bei der Filmerei wohl fühlen, dann dürfte ich mich auch im Hospiz frei bewegen und drehen.
Am Ende zeigte sich, was ich schon oft erlebt habe: Wenn man alleine als Autor und Kameramann unterwegs ist, dann werden Dreharbeiten schnell als unaufgeregt empfunden. Und vor allem nicht als aufdringlich. Somit hatte ich mit Stefan endlich meinen Protagonisten und auch das Hospiz auf meiner Seite.
Die Kamera überwiegend zu Hause
Eine Herausforderung blieb, denn wie überzeugt man einen todkranken Menschen, sich filmen zu lassen? Vor allem, wenn dieser den Sendetermin nicht mehr erleben wird?
Viele Gespräche wurden geführt. Meistens mit den Familien, die sich sorgten, dass die Patienten überfordert sein könnten. Bis zum Schluss der Dreharbeiten habe ich das Hospiz öfter ohne als mit Kamera besucht.
Wenn sich die Patienten selber betrachten
Als gut erwies sich mein Vorschlag, die Patienten könnten sich das mit ihnen gedrehte Material ansehen – einfach, um zu schauen, wie die Bilder auf sie wirken.
Letztendlich hat nur ein Patient von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Seine Ehefrau war skeptisch, ob ich mit ihm weiter drehen kann, denn es ging ihm zusehends schlechter. Ich fragte den Mann, ob er das bisher erstellte Material sehen möchte. Er wollte. Ich durfte die Situation filmen, und es wurde der emotionalste Moment des Films.
Gezeigt wird auch die Abholung eines Verstorbenen. Es kostete mich Überwindung, die Familie um Erlaubnis zu bitten, das zu filmen. Auch, weil ich nicht wollte, dass das Gesicht des Mannes unkenntlich gemacht wird. Die Angehörigen stimmten zu. Geholfen hat, dass ich mit dem Patienten einige Tage vor seinem Tod noch ein Gespräch geführt habe.
Hospiz oder Sterbehilfeorganisation?
Würde ich dennoch die «Abkürzung» mit einer Sterbehilfeorganisation nehmen? Den Schritt ins Hospiz sehe ich als bewusste Verabschiedung von daheim, von Freunden und Nachbarn. In bestmöglicher Erinnerung bleiben und noch nicht gezeichnet von der Krankheit. Hier geht es um Würde.
Nach diesem Film empfinde ich die Hospizarbeit als Alternative zu Sterbehilfeorganisationen wie Exit und Dignitas. Ob ich selber bereit wäre, auf den Tod zu warten – selbst bei noch so guter und schmerzfreier Pflege – oder doch lieber eine «Abkürzung» wählen würde? Ich weiss es nicht. Aber mehr denn je bin ich der Meinung, dass jeder selbst über sein Ende entscheiden darf.