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SRF DOK This Jenny – entwaffnend ehrlich

Reporterin Vanessa Nikisch begleitete alt Ständerat This Jenny bis kurz vor seinem Tod. Bei den Dreharbeiten war er durch seine Magenkrebserkrankung schon sehr beeinträchtigt. Doch es gab noch Hoffnung. Hoffnung, den Tod hinaus zu zögern.

Während der gemeinsamen Dreharbeiten schlug der Krebs jedoch zurück, und This Jenny tat das, was er bereits angekündigt hatte. Der 62-Jährige bestimmte das Datum seines Ablebens selbst.

Geblieben sind die letzten Aufnahmen eines Mannes, der verblüffend offen und ehrlich über sein Leben, die Krankheit und den Tod redet.

«Sorry - This Jenny»

Samstagnacht. Ich lag im Bett, die Lichter waren gelöscht, nur das Smartphone flimmerte. Sinnloses Rumsurfen. Plötzlich war ich wieder hellwach. Um 23.44 Uhr kam dieses Mail rein:

«Liebe Frau Nikisch

Leider ist es so weit, ich bin im Spital in Glarus. Habe eine gröbere Mageninfektion erwischt. Wird einen mehrtägigen Spitalaufenthalt nach sich ziehen. Müssen also den Montag sausen lassen.

Sorry

This Jenny»

Es war nicht die Absage ­– oder ja, zugegeben, die auch – die mich aufwühlte. Es war vielmehr, dass jemand in dieser Situation überhaupt noch daran dachte abzusagen. Mal ehrlich, würde ich an seiner Stelle an eine Journalistin und ihren Film denken? Wohl kaum.

Aber genau das machte This Jenny eben aus, wie ich finde. Seine Art der Kommunikation. Verbindlich, gewissenhaft und korrekt. Gesagt, getan. Entwaffnend offen und ehrlich.

Zur Autorin

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Vanessa Nikisch arbeitet seit 2004 als Autorin bei SRF, zuerst bei der «Rundschau», seit 2014 bei «DOK».

This Jenny spielte vor der Kamera keine Rolle

Ich habe in den gut 20 Jahren als Reporterin kaum jemanden mit der Kamera begleitet, der so unkompliziert war. Nicht, dass der 62-Jährige alles mit sich machen liesse, oh nein. Er war klar in der Ansage. Aber: Er sagte zu einem Porträt über This Jenny zu. Und das war er dann auch: This Jenny. Es wirkte alles echt, ungekünstelt, Krankheit hin oder her.

Vermutlich geht das nur, wenn man ganz bei sich ist. Aussen und innen identisch. Wenn man vor der Kamera nicht eine Rolle spielt. Vorgibt, ein anderer, ein besserer, zu sein.

Er hatte etwas Schlitzohriges, ja, und holzte Sprüche über Krankheit und Tod. Möglicherweise sollten die vom Kern ablenken. Weich schien der, seit der harten Kindheit gut geschützt, wie ich vermute.

Was sagt man in einem solchen Moment?

Die gröbere Mageninfektion entpuppte sich als Krebs. Dieser schlug unerwartet und hammerhart zurück. Er wollte keine Interviews mehr geben. Das war klar. Ich, die Journalistin, habe es trotzdem versucht. Auch das war klar.

Wir hatten noch einige Male Kontakt, im Sinne eines Updates. Als wir das letzte Mal zusammen telefonierten, war kurz vorher der Pfarrer von «Exit» bei ihm gewesen. Ich wusste, was das zu bedeuten hatte. Was sagt man in einem solchen Moment? «Auf Wiedersehen» bestimmt nicht, aber was sonst? Ob er dem Film noch etwas hinzufügen möchte? «Nö», seine Antwort, was mit den Aufnahmen passiere, sei ihm egal. Gnadenlos direkt eben. Bis zum Schluss.

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