Calvin Stettler ergänzt seit Sommer 2022 das Team der Kommentator:innen bei SRF Sport. Der 28-jährige Aargauer feierte seine Feuertaufe an der UEFA Women’s EURO 2022 und hat in der Zwischenzeit verschiedene Sportarten am Mikrofon live begleitet. An der diesjährigen Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen, die am 20. Juli 2023 eröffnet wird, wird er gemeinsam mit SRF-Fussballexpertin Rachel Rinast das Schweizer Nationalteam vor Ort begleiten. Die beiden werden nahe bei der Equipe und am Puls der Spielerinnen sein, etwa bei Pressekonferenzen und Trainings. Nebst den Spielen der Schweiz wird Calvin Stettler weitere Begegnungen kommentieren.
Calvin Stettler, wie war es für dich, als du erfahren hast, dass du erstmals diese spezielle Kommentatoren-Rolle vor Ort ausüben darfst?
Die Leitung von SRF Sport hatte mich angefragt, ob ich mir dies vorstellen könne. Im ersten Moment war ich baff. Danach war für mich rasch klar, dass ich diese grosse Chance ergreifen will – natürlich mit der nötigen Demut und Ehrfurcht.
Was empfindest du, wenn du an diese Chance denkst?
Fussballspiele zu kommentieren ist ein Bubentraum von mir – das haben meine Eltern auch festgehalten, mit Fotos von mir kommentierend vor dem Fernseher. Zudem lief meine Mutter in den 1980er-Jahren für das Schweizer Nationalteam auf. Daher ist es für mich aus beruflicher wie auch familiärer Sicht eine riesige Ehre, das Schweizer Nationalteam begleiten zu dürfen. Immer, wenn ich daran denke, habe ich Gänsehaut.
Du hast bereits die Europameisterschaft der Frauen 2022 für SRF kommentiert. Wo liegen für dich die Unterschiede zur bevorstehenden WM?
Genau, ich hatte an der EM mein Debüt als Kommentator. Damals war ich jedoch aus den Studios in Zürich im Einsatz. Somit werde ich in Neuseeland das erste Mal an einer WM vor Ort sein – das macht es noch magischer. Zudem ermöglicht mir die Präsenz vor Ort, den Zuschauenden noch mehr Stimmungen, Informationen und Eindrücke aus erster Hand zu liefern.
Wie bereitest du dich auf die WM vor?
Mein Ziel ist es, den Zuschauerinnen und Zuschauer einen Mehrwert zu bieten. Dafür reicht es nicht aus, zu wissen, wie die letzten zehn Spiele ausgingen und wer die Tore schoss. Ich will verstehen, mit welchem System das gegnerische Team spielt, wie das Standing der Trainerin oder des Trainers ist. Weiter bestelle ich mir Sonderhefte und schaue in die internationale Presse, was dort im Vorfeld zur WM geschrieben wird. Und ich suche bereits vorgängig aktiv den Kontakt zu Medienschaffenden aus den Ländern der gegnerischen Teams. Die Vorbereitungstage können deshalb lange und unspektakulär sein – dafür folgt darauf das Dessert.
Wie stellst du während der Spiele sicher, dass du alle Infos hast?
Faszinierenderweise haben da alle Kommentatorinnen und Kommentatoren einen anderen Ansatz. Ich arbeite ausschliesslich digital. Dabei bereite ich auf meinem Laptop ein Spielfeld vor, auf dem zu jeder Spielerin ein Informationskärtchen zu finden ist. Das erlaubt es mir, bei taktischen Anpassungen oder auch bei Auswechslungen diese Kärtchen bei mir ebenfalls zu verschieben. Auf einem separaten Tablet habe ich dann noch alle Informationen zum Spiel selbst. Ich trenne also die Affiche von den Protagonistinnen.
Während des Kommentierens sprudelt es bei uns nur so.
An der WM steht dir mit Rachel Rinast eine Co-Kommentatorin zur Seite. Was verändert das für dich?
Wir erhalten dadurch Zeit, mehr Beobachtungen zu machen. Aktuell bereiten wir uns mit Testsequenzen gemeinsam darauf vor. Das hilft uns herauszufinden, wie wir miteinander harmonieren und uns gegenseitig lancieren können. Während des Kommentierens sprudelt es bei uns nur so. Daher wird es wichtig sein, dass wir auch Ruhe zulassen.
Hast du ein persönliches Ziel für diese WM?
Ich will meinem eingeschlagenen Weg als Kommentator treu bleiben und mich nicht allzu stark verändern. Ich kenne meine Stärken und Schwächen und weiss, wo ich noch Potenzial habe. In diesem Jahr habe ich auch einen Weg gefunden, wie ich mich auf ein Spiel einstimme, sodass ich mich dann währenddessen auch wohl fühle. Was sicher feststeht: Ich spiele gerne mit Wörtern und Sprache. Und ich will meiner Leidenschaft Ausdruck verleihen und mich nicht verstellen. Wenn mein Vater mir nach dem Spiel sagt «Calvin, ich habe dich wiedererkannt», weiss ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
Wie lautet deine Prognose für das Schweizer Nationalteam?
Mit Blick auf das Potenzial im Team und die Gruppengegnerinnen ist der Achtelfinal realistisch und sollte das Ziel sein. Alles, was darauffolgt, wäre ein Sahnehäubchen. Und trotzdem darf nicht vergessen gehen, dass es erst die zweite Teilnahme an einer WM für die Nati ist.