Bislang sind Sie als Politjournalistin aufgefallen, jedoch nicht als Kulturjournalistin. Welche Erfahrungen bringen Sie in dem Bereich mit?
Ich habe insgesamt über 20 Jahre publizistisch gearbeitet. Kulturthemen kamen in meinen Reportagen und Beiträgen immer wieder vor. Entscheidend aber ist: Das journalistische Handwerk gilt in jedem Genre, darum lege ich meinen Informationshintergrund nicht beiseite, sondern nehme ihn mit in die neue Aufgabe. Allerdings ist meine Rolle nun nicht mehr, als Journalistin Beiträge zu machen, sondern in Zeiten des Umbruchs eine Abteilung zu führen mit einer klaren Strategie. Ich muss also dafür sorgen, dass unsere kompetenten Journalistinnen und Journalisten ihr Fachwissen und ihr Handwerk optimal einbringen können. Darauf freue ich mich.
Wie gefällt Ihnen das aktuelle Kulturprogramm von SRF?
Die Abteilung Kultur ist sehr vielseitig und leistet Ausserordentliches. Dazu gehören etwa Radio SRF 2 Kultur, der «Kulturplatz» oder die «Sternstunden», genauso wie die SRF-Dokumentarfilme und Reportagen oder Fiktion, also Serien, Kinofilme, Hörspiele. Auch die Wissenschaft gehört dazu und diverse digitale Angebote. Ich habe ganz aktuell viele Highlights beobachtet. Was ich hervorstreichen möchte: Die Abteilung Kultur hat beeindruckend stark auf die aktuelle Corona-Krise reagiert. Mit vielen Sonderprogrammen und Beiträgen: mit Spezialsendungen zur Schweizer Literatur, mit mehr Schweizer Musik, mit zusätzlichen Gottesdienstübertragungen. Weiter haben die Kolleginnen und Kollegen 250 Hörspiele online zugänglich gemacht. Die «Tatort»-Filme aus Luzern werden als Video-on-Demand zur Verfügung gestellt. Das zeigt: Service public in Krisenzeiten bedeutet nicht nur Qualität, Sorgfalt, Unabhängigkeit, sondern auch Kreativität und ein klares Selbstverständnis: Wir sind für die Menschen in der Schweiz da.
Sie nutzen das SRF-Kulturprogramm ja vermutlich auch selbst?
Ja, und zwar rege, in unterschiedlichen Formen auf verschiedenen Kanälen. Ich höre zum Beispiel den «Kopf voran» -Wissens-Podcast zum Thema «Handy und Hirn» unterwegs via Smartphone, schaue einen «DOK» auf Youtube , höre Radiosendungen wie «Kontext» oder auch Musik am Abend, schaue den «Kulturplatz» einen Tag später oder checke den Beitrag über Michael Ende auf dem Instagram-Account von SRF Kultur, wenn ich auf den Zug warte. Und ich freue mich sehr auf die dritte Staffel von «Wilder».
Wie wirkt sich die Coronakrise auf die Kulturbranche aus?
Der Frühling 2020 wird eine Bruchstelle sein, auch für die Kultur. Sie zeigt, was wir als Gesellschaft aushalten, was nicht, was uns wichtig ist, was nicht. Wann wurde uns letztmals vor Augen geführt, wie zentral die Kultur ist für unser Zusammenleben? Wenn Kinosäle und Theater- und Konzertbühnen geschlossen sind, wenn sich Menschen nicht mehr versammeln können, um gemeinsam etwas Grosses zu erleben, dann fehlt etwas Entscheidendes. Und die Kulturbranche leidet.
Unter der Coronakrise leidet die Kulturszene wie kaum eine andere massiv. Was können Sie als Kulturchefin, was kann die Abteilung Kultur tun, um hier zu unterstützen?
SRF steht hier besonders in der Verantwortung. Wir können erstens über unsere Kanäle, Radio, TV, Online, dem Kulturschaffen weiter eine Bühne bieten. Zweitens thematisieren wir die schwierige Situation der Kultur, zeigen, welche Probleme der Buchhandel oder Künstlerinnen und Künstler haben, sensibilisieren also die Öffentlichkeit. Drittens zeigen wir, wie geistreich und überraschend die Kulturszene auf die Krise reagiert, mit Lesungen aus dem eigenen Wohnzimmer oder mit Online-Programmen aus den Museen. Und: Dann ist es auch unser Auftrag, trotz Sparbemühungen und dem aktuellen Einbruch der Werbeeinnahmen das Kulturschaffen in der Schweiz weiter aktiv zu unterstützen. Indem wir beispielsweise weiterhin Kultursendungen produzieren, Hörspiele oder auch Serien, sobald die Dreharbeiten wieder möglich sind.