An der letzten Ski-Weltmeisterschaft 2019 waren Sie als Athletin dabei, diesmal begleiten Sie die WM am Mikrofon: Wie fühlt sich das an?
Ich freue mich riesig darauf. Als Athletin war ich immer extrem nervös während einer WM oder an den olympischen Spielen. Auch diesmal wird’s Nervenkitzel geben, aber nicht in diesem Ausmass. Ich werde es also mehr geniessen können.
Hat es Sie seit dem Rücktritt Anfang 2020 nie wieder zurück auf die Rennpiste gezogen?
Noch nicht. Ich war 15 Jahre lang im Weltcup mit dabei, eines Tages ist auch mal gut. Was ich ein bisschen vermisse, ist das Adrenalin. Deshalb mache ich momentan auch das Gleitschirmbrevet. Ganz ohne Adrenalin geht es bei mir also nicht.
Auch die Athletinnen der ‹zweiten Reihe› können in Cortina einen Exploit schaffen.
Die Schweiz hat in Cortina d'Ampezzo Top-Athletinnen und -Athleten am Start. Was dürfen wir von ihnen erwarten?
Es ist eine tolle Zeit dafür, als SRF-Expertin im Einsatz zu stehen. Denn es gibt keine Disziplin – weder bei den Frauen noch bei den Männern – in der die Schweizer Athletinnen und Athleten nicht gute Chancen haben, auf das Podest zu fahren. Die Spannung in jedem Rennen ist deshalb sehr hoch, und so macht das Kommentieren natürlich doppelt Spass. Als Expertin bei den Frauenrennen traue ich Michelle Gisin am meisten zu, sie hat in allen Disziplinen Chancen auf eine Medaille. Im Slalom kommt Wendy Holdener dazu, in den Speed-Disziplinen Corinne Suter und Lara Gut-Behrami. Aber auch die Athletinnen der «zweiten Reihe» können in Cortina einen Exploit schaffen.
Auch die Ski-WM wird von Corona und damit strengen Hygiene- und Verhaltensregeln für alle Beteiligten geprägt. Wie beeinflussen diese Massnahmen Ihre Arbeit als Expertin?
Die Schutzkonzepte bei den Rennen sind sehr streng. Bisher waren wir nur bei Rennen in der Schweiz vor Ort, alle anderen haben wir vom SRF-Studio Zürich Leutschenbach aus kommentiert. Das ist schade, weil man vor Ort einiges mehr mitbekommt und die Bedingungen für die Rennfahrerinnen besser einschätzen kann. Von Zürich aus müssen wir uns per Telefon darüber informieren. Wir machen das Beste daraus und müssen von Tag zu Tag neu evaluieren. Doch eigentlich ist es beeindruckend, dass die Weltcup-Rennen – mit wenigen Ausnahmen wie beispielsweise die Lauberhornrennen – fast überall stattfinden können.
Publikumsrückmeldungen an den SRF-Kundendienst und in den Medien zeigen, dass Sport-Kommentatorinnen und -Expertinnen oft kritischer beurteilt werden als ihre männlichen Kollegen. Worauf führen Sie dies zurück?
Das Kommentieren von Sportereignissen war lange Zeit eine Männerdomäne. Ich denke, es braucht eine gewisse Eingewöhnungszeit dafür, auch Frauen kommentieren zu hören. Frauen müssen in vielen Jobs bessere Arbeit leisten, um gleich gut wie Männer beurteilt zu werden. Und so ist es wohl auch in diesem.
Wie gehen Sie persönlich mit Publikumsrückmeldungen um?
Bisher habe ich viel positives Feedback aus den Medien erhalten, das gibt mir Selbstvertrauen. Es macht auf jeden Fall mehr Spass, wenn man ohne Angst kommentieren kann. Und das sehe ich als Hauptaufgabe in meiner Funktion als SRF-Expertin: dem Publikum meine Liebe und Begeisterung zum Skisport zu vermitteln.